„Wir brauchen dringend eine sachlichere Diskussion um Kunststoffe“

Kunststoffe liefern derzeit enormes Diskussionspotenzial. Doch wie ist es um die Zukunftsfähigkeit von PET und Co. bestellt? Aufschluss gibt ein Gespräch mit drei Krones Kunststoff-Experten: Dr. Thomas Friedlaender, Head of Plants PET Recycling, Jochen Forsthövel, Product Manager Plastics Technology, und Simon Fischer aus dem Bereich Plastics Application Technology.

 

In der Öffentlichkeit lässt sich eine zunehmend kontroverse Haltung zu Kunststoffverpackungen beobachten. Was halten Sie davon?

Forsthövel: Ein Großteil der Kritik bezieht sich auf zwei Aspekte: zum einen auf die Vermüllung unserer Umwelt, insbesondere der Meere; zum anderen auf die zu starke Ressourcennutzung, also die Wegwerfmentalität. Beide Probleme betreffen nicht ausschließlich Kunststoffe, sie werden bei diesen aktuell nur sehr stark sichtbar. So kommt den Kunststoffen da momentan eine Art Sündenbockfunktion zu. Dabei ist nicht das Material selbst das Problem, sondern der teils zu gedankenlose Umgang damit.

 

Laut der EU-Kunststoff-Strategie sollen bis 2025 PET-Flaschen zu mindestens 25 Prozent aus Recycling-Material bestehen. Wie realistisch ist das?

Fischer: Von der Verarbeitungsseite ist das auf jeden Fall realistisch. Schwieriger ist da Stand heute eher die Versorgungsseite, also einen stabilen Stoffstrom in entsprechender Qualität sicherzustellen. Denn es ist ja so, dass aus Recycling-Material nicht nur Flaschen hergestellt werden, sondern zum Beispiel auch Folien und Fasern. Deshalb stehen bereits jetzt die verschiedenen Industriezweige im Wettbewerb miteinander, wer das Material in entsprechender Qualität beziehen kann.

Material zum Recyceln gäbe es ja genug, man müsste es nur einsammeln …

Friedlaender: Ja klar, damit geht es los. Aber mit dem eingesammelten Material habe ich dann erstmal eine Flasche in der Hand, die jemand anderes weggeworfen hat – an dem Punkt ist also noch nichts gewonnen.

Forsthövel: Was ich gewonnen habe ist, dass jede Flasche, die gesammelt wird, nicht mehr unkontrolliert in die Umwelt gelangt. Ganz unabhängig davon, ob ich es schaffe, sie wieder zu einer Flasche zu recyceln, ob ich daraus Polyester-Fasern mache oder ob es in die Tray-Anwendung geht – oder auch als sehr verschmutzter Rest in die Verbrennung. All diese gesammelten Verpackungen tragen nicht mehr zur Verschmutzung unserer Umwelt bei.

Fischer: Hier ist auch die Politik gefragt, entsprechende Sammelsysteme zu etablieren. In Deutschland hat die Einführung des Flaschenpfands sehr viel bewegt. Mit der Pfandrücknahme gelangen rund 97 Prozent der leeren PET-Flaschen wieder zurück in den Wertstoffkreislauf. Diese Systeme werden sich vermutlich auch in anderen Ländern verbreiten.

Das würde Unternehmen, die ins Recycling einsteigen wollen, ja entgegenkommen, oder?

Fischer: Richtig. Denn Sammelsysteme verstärken nicht nur den Stoffstrom, sondern führen auch dazu, dass das Material in besserer Ausgangsqualität zur Verfügung steht.

Friedlaender: Anderseits werden Pfandsysteme auch immer etwas kritisch beäugt, weil sie große Mengen Geld an den Kreislauf binden. Dass es auch anders geht, lässt sich eindrucksvoll in der Schweiz beobachten: Dort entsorgen die Bürger ihre PET-Flaschen freiwillig – also ohne Pfanddruck – an rund 50.000 Sammelstellen in Schulen, Gemeinden, Büros und Sportplätzen. Die Rücklaufquote ist dabei genauso hoch wie in den erfolgreichsten Pfandländern Europas. Sicherlich ist das auch ein Kulturthema, die Schweizer gelten ja gemeinhin als äußerst diszipliniert. Der Hauptgrund ist jedoch meiner Meinung nach das sehr geschickte Marketing, dass die Verbraucher immer wieder dazu aktiviert, ihre Flaschen nach dem Konsum zurückzubringen. Es ist also durchaus möglich, ein funktionierendes Kreislaufsystem ohne Pfand einzurichten.

Auch was die Verwertung betrifft, ist die Schweiz ein Vorbild. Denn die gesammelten PET-Getränkeflaschen gehen wieder zurück in den Wertstoffkreislauf und werden zu neuen Flaschen verarbeitet – aus ökologischer und ökonomischer Sicht ist dieser Bottle-to-Bottle-Ansatz ideal.

Den Bottle-to-Bottle-Ansatz verfolgt auch Krones mit seinen MetaPure Anlagen. An wen richtet sich denn diese Technologie: an Getränkeabfüller oder eher an die Verwertungsindustrie?

Friedlaender: Ganz klar an beide. Zu unseren Kunden gehören sowohl klassische Recycling-Unternehmen als auch Abfüller, die ihre Materialproduktion selbst in die Hand nehmen wollen. Typischerweise sind das Kunden, die auch ihre Preforms selber spritzen. Für die ist das Recycling dann die konsequente Vervollständigung ihrer Wertschöpfungskette. Unser erster MetaPure Kunde Akij Food & Beverage aus Bangladesch ist im Grunde genommen ein kompletter Selbstversorger. Das einzige, was ihm seinerzeit noch fehlte, war eine eigene PET-Produktion. Mit der Installation unserer Recycling-Anlage hat er sich schließlich komplett autark aufgestellt.

Ab welcher Bedarfsmenge lohnt sich überhaupt der Betrieb einer MetaPure Anlage?

Friedlaender: Gerade wenn ich als Abfüller Selbstversorger bin, braucht es eigentlich nur den Output zweier Blasmaschinen – dann lohnt es sich bereits, ins Recycling einzusteigen. Wenn ich das gewonnene Rezyklat nicht als Rohware weiterverkaufe, sondern direkt zu einem kundenspezifischen Produkt verarbeite, kann ich überdies noch einen weiteren Vorteil nutzen: Ich kann mir das Pelletisieren und damit den energieintensivsten Schritt der Aufbereitung sparen. Unser Kunde rPlanet Earth in den USA geht genau diesen Weg: Das Rezyklat wird unmittelbar vor Ort unter anderem zu Preforms weiterverarbeitet. Dadurch können die Pellets als Zwischenschritt entfallen, denn die Flakes gehen direkt in den Preform-Spritzguss.

In welchen Leistungsbereichen bewegen sich die Krones MetaPure Anlagen?

Friedlaender: Als wir vor elf Jahren in die Recycling-Technik eingestiegen sind, haben wir die Anlagen noch relativ klein konzipiert – eben, weil wir primär die Selbstversorger im Blick hatten. So eine Anlage braucht dann etwa 5.000 Tonnen Eingangsmaterial pro Jahr. Inzwischen bauen wir aber längst auch Anlagen für große Recycler. Diese verwerten dann 40.000 bis 50.000 Tonnen im Jahr – fast Faktor 10 also. Generell machen wir die Erfahrung, dass die Anlagen, die bei uns angefragt werden, immer größer werden. Bestes Beispiel ist ein Kunde, der in Japan seit vielen Jahren sehr erfolgreich mit unserer Technik unterwegs ist: Seine ersten beiden MetaPure Linien waren eher im unteren Segment unseres Leistungsbereichs angesiedelt. Die Linien drei und vier dann schon im mittleren. Es würde mich nicht überraschen, wenn die nächsten Linien im oberen Leistungsbereich liegen. Da merkt man richtig, wie die Kurve immer weiter nach oben geht.

Forsthövel: In Japan sind die Ausgangsbedingungen ohnehin ideal für das Bottle-to-Bottle-Recycling, weil die PET-Getränkeflaschen dort allesamt transparent sind.

Friedlaender: Das stimmt: Die Getränkewelt in den japanischen Supermärkten ist zwar knallbunt. Aber die Differenzierung geschieht dort allein über die Sleeves, die Flaschen selbst sind klar – und lassen sich damit zu 100 Prozent recyceln.

Das Recyceln von PET ist die eine Sache, seine Wiederverwendbarkeit eine andere. Wie gut eignet sich rezykliertes PET zum Streckblasen?

Fischer: Auf den Krones Streckblasmaschinen lässt sich Recycling-Material genauso verarbeiten wie Neuware – egal in welcher Größenordnung. Und viele unserer Anlagen verarbeiten es seit langer Zeit. Die wichtigste Maßgabe hier ist ein homogenes und qualitativ konstantes Eingangsmaterial – das gilt aber gleichermaßen für Neuware. Je größer der Maßstab, in dem Recycling betrieben wird, desto leichter lässt sich eine einheitliche Qualität herstellen.

Forsthövel: Einige Eigenschaften, die recyceltes PET mit sich bringt, wirken sich sogar positiv auf seine Verarbeitbarkeit aus. Allen voran die etwas dunklere Farbe, die sich bei mehrfachem Recycling ergibt. Denn die sorgt dafür, dass das Material die Wärme im Heizprozess besser annimmt. Dadurch verringert sich sowohl die Heizzeit vor dem Streckblasen als auch der Energieverbrauch.

Wie sieht es denn generell mit dem Energiebedarf aus, der zur PET-Flaschen-Produktion nötig ist?

Forsthövel: Den Großteil der Energie, der in der Verpackung steckt, enthält das Material selbst. Aber natürlich gibt es auch bei der Maschinentechnik einen gewissen Hebel, alles umweltfreundlicher zu gestalten. Bei Krones haben wir dafür unser enviro Programm, in dessen Rahmen auch die Kunststofftechnik ihre Maschinen zertifizieren lässt. In Sachen Energieverbrauch können wir guten Gewissens sagen, dass wir mit der Contiform Reihe die Best-in-Class-Lösung im Haus haben. Und wir sind bei dieser Reise auch noch lange nicht am Ende, sondern arbeiten ständig daran, noch besser zu werden.

Ein weiterer Weg, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren, ist das Lightweighting von PET-Flaschen. Sind da die Grenzen des Möglichen schon ausgereizt?

Forsthövel: Das ist eine ähnliche Frage wie die, ob wir schon beim menschenmöglichen Rekord im 100-Meter-Sprint angekommen sind. Ja, es gibt sicherlich Bereiche, in die man gar nicht vordringen kann, aber dass wir den aktuellen Status quo nicht mehr verändern, das glaube ich nicht. Ich denke, dass die Flaschen auch in Zukunft noch etwas leichter werden, aber sicherlich nicht mehr in den großen Schritten, die wir in den letzten zehn Jahren erreicht haben. Es gibt Märkte, in denen leichte Flaschen bisher nicht gut angenommen werden, weil sie dem Qualitätsempfinden der Verbraucher widersprechen. Doch auch dort wird sich schon allein aus Kostengründen früher oder später der Bedarf für Lightweighting etablieren. Und da ist es gut, dass wir bei Krones die Kompetenz im Haus haben, zusammen mit unseren Kunden Flaschen zu entwickeln, die leicht und materialsparend sind und die sich trotzdem gut benutzen und verarbeiten lassen.

Neben dem Recycling von PET wird auch immer häufiger dessen Substitution durch alternative Materialien diskutiert – allen voran durch Bio-Kunststoffe. Was halten Sie davon?

Forsthövel: Bei den Bio-Kunststoffen muss man generell zwischen zwei verschiedenen Kunststoffarten unterscheiden: biologisch abbaubaren Kunststoffen auf der einen Seite und bio-basierten Kunststoffen auf der anderen Seite. PET lässt sich – zumindest teilweise – auch bio-basiert herstellen, also aus nachwachsenden Rohstoffen anstelle von Erdöl. Auch wenn die Quelle des Materials eine andere ist: seine chemischen Eigenschaften sind mit denen von herkömmlichem PET identisch. Daher lässt sich bio-basiertes PET in bestehenden Anlagen auch genauso verarbeiten wie erdöl-basiertes.

Bei den biologisch abbaubaren Kunststoffen dagegen handelt es sich in der Regel um völlig andere Materialien. Bis jetzt ist mir noch kein biologisch abbaubarer Kunststoff bekannt, der ein mit PET vergleichbares Eigenschaftsprofil mitbringt und damit im großen Stil geeignet wäre zum Verpacken von Getränken.

Fischer: Es gibt derzeit zwei Bio-Kunststoffe, die vorrangig im Gespräch sind, PET als Getränkeverpackungen abzulösen. Das eine ist PEF, also Polyethylenfuranoat: Es lässt sich bio-basiert herstellen, ist allerdings nicht biologisch abbaubar. Und das andere sind die PHAs, also Polyhydroxyalkanoate. Diese sind zwar echt biologisch abbaubar, etwa auf dem Niveau wie es Hartholzarten auch sind. Aber sie sind im Augenblick noch sehr viel teurer als unsere gängigen Verpackungskunststoffe und, was noch schwerer wiegt: Bisher hat man es noch nicht geschafft, daraus im großen Maßstab Getränkeverpackungen herzustellen. Ob das eine praktikable und gute Zukunftsoption ist, lässt sich daher zum heutigen Stand noch nicht abschätzen.

Forsthövel: Wichtig ist in diesem Kontext auch der Hinweis, dass biologischer Abbau in der Regel bei einer gewissen Feuchtigkeit und Temperatur stattfindet. Beim Verpacken von feuchten Waren wie Getränken ist der Einsatz von entsprechende Bio-Kunststoffen daher generell deutlich schwieriger als beispielsweise bei der Herstellung einer Tragetasche. Biologisch abbaubare Getränkeflaschen wären sozusagen die oberste Liga und technisch schwierig zu realisieren.

Friedlaender: Polymilchsäure, kurz PLA, ist ein biobasierter Kunststoff, der sich für stille Getränke mit eher kurzem Shelf Life durchaus gut eignet. Auf den gesamten Lebenszyklus gesehen bringt PLA jedoch auch einen Nachteil mit sich: Weil das Material nicht so temperaturbeständig ist wie PET, sollte es beim Recycling nicht in den PET-Strom geraten, da es sonst dessen Qualität beeinträchtigt. Das ist generell die große Herausforderung, die eine umfassende Kreislaufwirtschaft mit sich bringt: Die Stoffströme müssen exakt aufeinander abgestimmt sein. Wenn man da im großen Stil neues Material einbringt, muss man sich die Frage stellen, wie sich das langfristig auf das gesamte System auswirken wird.

 

Das heißt, aus Recycling-Sicht wäre es sinnvoller, bei einem Material zu bleiben, statt auf der Suche nach Alternativen das Spektrum immer weiter auszudehnen?

Forsthövel: Vollkommen richtig. Genau in diese Richtung geht auch die EU-Direktive, die derzeit in aller Munde ist und die in den nächsten Jahren in die nationale Gesetzgebung einfließen soll. Wenn es die verbindliche Vorgabe gibt, dass PET-Flaschen zu 25 Prozent aus Rezyklat bestehen müssen, dann bedeutet das von Vornherein das Aus für alle anderen Materialien, zu denen es keine Recycling-Ströme gibt. Ob das nun von der EU beabsichtigt war oder nicht: Für das Recycling ist es auf jeden Fall vorteilhaft, wenn man nur wenige Kunststoffarten hat, diese dann aber in großer Menge. Denn dann gehen die Sortierverluste runter und die jeweilige Stoffreinheit erhöht sich.

Friedlaender: Ganz klar muss man aber sagen: Bio-basiertes PET ist aus Recycling-Sicht kein Problem. Denn wie Jochen Forsthövel vorhin schon angesprochen hat: Egal welche Rohstoffquelle ich nutze – wenn das Endprodukt ein PET ist, dann hat das bei der Verarbeitung und im Recycling auch exakt die gleichen Eigenschaften wie erdöl-basiertes PET. Ganz anders verhält es sich mit biologisch abbaubaren Kunststoffen oder Substitutionsstoffen. Diese sind aus Recycling-Sicht erst einmal eine Kontamination des PET-Stroms. Dazu kommt, dass das Label „biologisch abbaubar“ suggeriert, entsprechende Materialien würden sich in der Umwelt gewissermaßen in Wohlgefallen auflösen. Aber nehmen wir mal an, der gesamte Kunststoffeintrag im Meer würde sich in irgendeiner Form zu Nahrungskohlenwasserstoffen abbauen: Welche konkreten Folgen sich daraus für das Ökosystem ergäben, ist nicht abzusehen. Daher muss man sich generell bei den Möglichkeiten des Abbaus fragen: Was passiert letztendlich mit den abgebauten Stoffen?

Forsthövel: Es gab ja auch schon die Idee, Abbaubarkeitsadditive in verschiedene Massenkunststoffe zu mischen, um so das Müllproblem zu verringern. Aber das ist sehr kritisch zu sehen. Denn solche Additive bewirken meist nur eine Fragmentierung des Materials. Nach zwei Jahren mag ich dann vielleicht nichts mehr von dem Material in der Umwelt sehen. Tatsächlich ist es aber nur zu Kleinstpartikeln zerfallen, bei denen keiner sicher sagen kann, wie sich diese langfristig auf das Ökosystem auswirken.

PET ist anteilsmäßig der wichtigste Verpackungskunststoff in der Getränkeindustrie – aber bei weitem nicht der einzige. Wie steht es um die Recycling-Fähigkeit anderer Materialien, die beispielweise für Deckel und Sekundärverpackungen eingesetzt werden?

Friedlaender: In der Krones Recycling-Technik fahren wir ganz klar einen ganzheitlichen Ansatz. Wir widmen uns dem Recycling der gesamten Kunststoffverpackung, also auch den Nicht-PET-Kunststoffen. Hier gilt das gleiche wie vorher beim PET angesprochen: Auch hier wäre es ideal, wenn die Industrie in Zukunft mit weniger Kunststoff-Spezialitäten auskäme, um so die Menge an Materialien, die sich untereinander nicht vertragen, ein wenig einzugrenzen. Wichtig ist vor allem, über den ersten Kreislauf hinauszudenken: Wenn ich als Endprodukt des Recyclings einen Mischkunststoff erhalte, dann lässt der sich vielleicht einmal wiederverwenden, aber das war’s dann. Unser Ziel sind geschlossene Kreisläufe – entsprechend gut und sorgsam sollte man das Recycling betreiben.

Die Krones MetaPure Anlagen beruhen auf einem mechanischen Recycling-Verfahren. Wie schätzen Sie die Zukunft des chemischen Recyclings ein?

Forsthövel: Das chemische Recycling bietet sich vor allem für Stoffe an, die nicht mehr sortierbar sind oder die sich aus anderen Gründen nicht mehr mechanisch aufbereiten lassen – allen voran für Mischkunststoffe.

Ist das für Krones aktuell ein Thema?

Friedlaender: Nein, denn beim chemischen Recycling wird, wie der Name schon sagt, ein chemisches Grundprodukt hergestellt. Das ist von uns und unserer Branche schon sehr weit weg. Wir bleiben beim wertstofflichen Recycling und erhalten das Polymer.

Fischer: Was auch durchaus sinnvoll ist, wenn man sich die aufwendige Energie- oder Verarbeitungshistorie, die im Kunststoff gespeichert ist, ansieht. Derzeit bewegt sich sehr viel beim chemischen Recycling, aber ich vermute auch, dass das in erster Linie für schlecht recycelbare Fraktionen interessant ist – wie etwa schwer trennbare Verbundmaterialien oder gefärbte Fasern.

Friedlaender: Das chemische Recycling bringt einen großen Nachteil mit sich: Der ganze Aufwand, den man ursprünglich in die Polymerisation gesteckt hat, geht dabei wieder verloren. Insofern ist das chemische Recycling eine sinnvolle Ergänzungstechnologie, es sollte aber sicherlich nicht die führende Rolle einnehmen.

Was würden Sie sich in Bezug auf Kunststoffe für die Zukunft wünschen?

Forsthövel: Ich wünsche mir ein Wertstoffsystem, in dem alle eingesetzten Kunststoffe sinnvoll wiederverwertet werden können. Entweder im Closed Loop oder in anderer Art und Weise. Und bei dem die Auswirkungen der Materialien, die das geordnete System verlassen – sei es durch unglückliche Zufälle oder aus anderen Gründen –, möglichst wenig schädlich sind.

Friedlaender: Ich wünsche mir, dass wieder stärker in den Vordergrund rückt, welche Funktionalitäten Kunststoffverpackungen haben können: allen voran, dass sie Lebensmittel vor dem Verderb schützen, dass sie das Transportgewicht reduzieren und dass sie Trinkwasser in Gegenden verfügbar machen, wo die Versorgung schwierig ist. Diese Vorteile fallen bei der aktuellen Debatte leider viel zu oft unter den Tisch. Ich persönlich würde mir auch mehr verbindliche Regelungen zu Recycling-Quoten und ähnlichem wünschen – auch wenn ich mir damit vielleicht keine Freunde mache.

Fischer: Dem kann ich mich auch anschließen. Wir brauchen dringend eine sachlichere Diskussion um Kunststoffe. Das Verteufeln von Kunststoffen bringt uns weder weiter noch wird es den Eigenschaften dieses für unsere Gesellschaft so wichtigen Materials gerecht. Letztlich sind wir alle – Verbraucher, Hersteller und Politik – gleichermaßen gefragt, verantwortungsvoll mit dem Material umzugehen.