„Unsere Ausstellung ist ein Gesamterlebnis“
2016 steht ein Jubiläum an, das allen Grund zu feiern gibt: Das bayerische Reinheitsgebot wird 500 Jahre alt. Zu diesem Anlass findet in Aldersbach die Landesausstellung „Bier in Bayern“ statt.
Ich habe mich zum Interview mit Dr. Riepertinger vom Haus der Bayerischen Geschichte getroffen. Er ist Projektleiter der Landesausstellung und hat sich die Zeit genommen, mir einige Fragen zu beantworten:
So eine Landesausstellung mit zigtausend erwarteten Besuchern entsteht bestimmt nicht von heute auf morgen. Wie kann man sich die Planung der Ausstellung vorstellen? Wann beginnen Sie mit den Vorbereitungen und wie sehen diese aus?
Bei den Vorbereitungen muss man grundsätzlich zwischen der Ausstellung selber und allgemeinen Baumaßnahmen unterscheiden. Wir als „Haus der Bayerischen Geschichte“ sind für die Inneneinbauten in die Räume mit ihrer jeweiligen Konzeption zuständig. Wir bezeichnen das als „Drehbuch“. Im Kern dauert diese Vorbereitung ca. drei Jahre. Der eigentliche Aufbau der Ausstellung beginnt dann Anfang Januar und die Platzierung der Objekte geschieht erst ca. 14 Tage vorher, da wir fast ausschließlich mit Leihgaben arbeiten. Diese werden montiert und jede Vitrine muss aufs Genaueste geplant werden.
Mit den reinen Baumaßnahmen haben wir weniger zu tun. Dafür sind unsere Partner zuständig. Das „Haus der Bayerischen Geschichte“ kann man als eine Art Wanderzirkus sehen, mit dem wir mit einer Landesausstellung pro Jahr immer wieder in verschiedensten Bayerischen Regionen unterwegs sind. Im Fall der Landesausstellung „Bier in Bayern“ sind wir in Aldersbach in Niederbayern. Unsere Partner für diese Ausstellung sind die Gemeinde und die Brauerei Aldersbach und der Landkreis Passau. Die kümmern sich um die Umbauarbeiten und Renovierungen.
Wie ist es dazu gekommen, Aldersbach als Standort für die Ausstellung zu wählen?
Diese Entscheidung ist schon Anfang 2011 gefallen. Es gab einen bayernweiten Wettbewerb, in dem sich so um die 15 Kommunen beworben haben. Danach wurde eine Jury gebildet und jeder einzelne Standort vorher besichtigt. Die Bewerber wurden danach bewertet, welche Stärken und welche Schwächen sie haben. Kritikpunkte waren beispielsweise unsere Erwartungen an die Besucherzahlen und auch, ob das Ambiente mit dem Ausstellungsthema funktioniert.
Bei Aldersbach hat diesbezüglich von Anfang an alles gestimmt. Erstens haben wir dort eine moderne Brauerei, bei der man Brautechnik vor Ort zeigen kann. Dann hat man natürlich die Gemäuer des alten Klosters, in dem seit Hunderten von Jahren Bier gebraut wird und dessen alte Gerätschaften als Teil der Ausstellung verwendet werden können. Stellen Sie sich eine Ausstellung über „Bier in Bayern“ in einem modernen Betonbau vor. Das würde ein komplett anderes Gefühl transportieren.
Zu guter Letzt wird in der Ausstellung auch der Schwerpunkt „Wirtshaus“ thematisiert. Hier kann Aldersbach sein „Braustüberl“ präsentieren, das bayerische Gemütlichkeit vermittelt.
Aldersbach ist also ein Gesamterlebnis, nicht nur wegen des Anlasses zum Jubiläum des Reinheitsgebots.
Was sind Ihre Überlegungen, wenn Sie eine Ausstellung wie diese konzipieren?
Für die Erarbeitung der Ausstellung sind wir ein Team von 4 Leuten. Es bedarf viel Arbeit, Ideen zu konzipieren. Das ist für mich aber gleichzeitig auch die schönste Phase: mit dem Team „rum zu spinnen“, was möglich ist und was nicht. Manchmal ist natürlich auch die ein oder andere wirklich „gspinnerte“ Idee dabei. Man muss sich da ausprobieren und Risiken eingehen, Mut zum Risiko und auch Mut zur Lücke haben. Denn eine Ausstellung wird in der Regel nur einmal besucht und die Besucher bleiben nicht länger als ein bis zwei Stunden. Und ein Besucher will mit dem Gefühl dort sein, die Ausstellung in dieser Zeit auch vollständig besichtigen zu können. Daher haben wir an bestimmten Punkten immer Beschilderungen, auf denen steht, wie viel von der Ausstellung bereits vorbei ist und wie viel noch vor einem liegt. Wir verstehen uns als Haus der Bayerischen Geschichte als Dienstleister und versuchen, den Besucher so angenehm wie möglich durch die Ausstellung zu begleiten.
Natürlich will man bei jeder Ausstellung dem Besucher auch etwas Besonderes bieten. Und das ist oft gar nicht so einfach.
Sehen wir uns beispielsweise das Reinheitsgebot an. Ursprünglich hatten wir eigentlich an eine prunkvolle Urkunde gedacht. In Wirklichkeit ist das bayerische Reinheitsgebot nur ein kurzer Absatz in einem Gesetzestext. Es hat nicht mal ein Siegel, was ja eigentlich als Mindestvoraussetzung für so etwas gezählt wird. Solche Schriftstücke, auch Flachware genannt, sind in der Regel eher langweilig für Besucher. Wir müssen uns also überlegen „Wie schaffen wir es, dass die Leute auch in unsere Ausstellung gehen?“ Wir müssen Spannung erzeugen, damit so etwas nicht untergeht.
Das Reinheitsgebot an sich steht ja häufig in der Kritik. In wieweit gehen Sie darauf in der Ausstellung ein?
Wir stellen das Reinheitsgebot und dessen Entwicklung dar. Die Kritik daran können wir nur anklicken. Wie das Reinheitsgebot dann eingestuft wird – diese Entscheidung trifft der Besucher selbst. Meiner Meinung nach ist das Reinheitsgebot ein wichtiger Bestandteil für die Marke „Bayerisches Bier“ ist und daher auch ein Grund für die große Akzeptanz und Beliebtheit des bayerischen Biers weltweit. Natürlich, wie jedes Kind, das man aus der Taufe hebt, hat es auch seine Kinderkrankheiten. Für manche Kritik fehlt mir aber auch das Fachwissen und ich kann und will sie daher auch nicht beurteilen.
Für welche Zielgruppe haben Sie die Ausstellung geplant?
Unsere Zielgruppe sind alle! „Bier in Bayern“ ist keine Ausstellung, die nur den Brauer ansprechen soll, oder nur den Bierwissenschaftler. Wir bemühen uns mit Texten oder Medien, sie für alle verständlich und interessant zu machen. Es soll kein Vorwissen notwendig sein, aber auch wenn Leute mit Vorwissen kommen, sollen sie noch das ein oder andere „Aha- Erlebnis“ haben.
Wir wenden uns mit unserer Ausstellung ans breite Publikum. Daher haben wir beispielsweise extra für Schulklassen besondere Angebote. Das Thema Bier und Schule ist einerseits schwierig zu behandeln und andererseits sind Schüler, gerade im Alter zwischen 13 und 18, ein problematisches Klientel, da sie eigentlich als Zwangsbesucher kommen. Um sie für die Ausstellung zu begeistern, bieten wir eine Führung mit IPads, ähnlich einer Museumsrally. Wir hoffen dadurch die Jugendlichen zu erreichen und das nicht nur als Zwangsbesucher. Denn der Museumsbesucher von heute ist auch der Museumsbesucher von morgen.
Sind Sie manchmal überrascht von den Reaktionen der Besucher?
Ja schon. Es ist schwer, zu kalkulieren, welche Objekte und Medien letztendlich ankommen. Das hängt von vielen verschiedenen Dingen ab. Manchmal ist es so, dass gerade die Dinge, die ich ganz toll finde, gar nicht so gut ankommen und ein andermal wieder schlagen Dinge ein wie eine Bombe, die wir gar nicht als Hauptattraktion gesehen haben. Bei dieser Ausstellung wird wahrscheinlich der Geist der Darre ein Highlight sein. Aber die Ausstellung wird meiner Meinung nach auch als Gesamterlebnis gut funktionieren, da wir viel Ungewöhnliches anbieten und sie keine großen Vorkenntnisse benötigt. Immerhin hat sich in gewisser Weise schon mal mit dem Thema befasst.
Das Gespräch hat definitiv Lust auf einen Besuch der Ausstellung gemacht. Vielleicht sieht man sich ja bald in Aldersbach!
PS: In der neuesten Ausgabe unseres Krones magazins findet ihr ebenfalls einen Artikel zur Landesausstellung. Wer Interesse hat, kann das magazin hier bestellen 🙂
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