So süß kann Häkeln sein
Sofort sind sie wieder da, als ich mir Häkelanleitungen im Internet anschaue: Erinnerungen an den Häkel-Horror. Die Bilder der diversen Anleitungen („Häkeln leicht gemacht“ – von wegen!) lassen die Handarbeitsstunden im Werkraum meiner Grundschule wieder lebendig werden. „Den Faden zweimal um den linken Zeigefinger schlingen, das Fadenende zwischen Mittelfinger und Daumen mit den Fingerspitzen festhalten…“, tönt mir noch die Stimme meiner Handarbeitslehrerin, einer resoluten älteren Dame, in den Ohren. Egal, wie ich es anstellte: Bei mir bedeutete Häkeln immer Finger-Verrenkungen und verhedderte Fäden – woran das Motto meiner Lehrerin, mir als Linkshänderin wenigstens das Häkeln „richtig“ in Rechtshändermanier beizubringen, sicherlich nicht ganz unschuldig war. Umso erstaunlicher ist es für mich als Häkel-Dummy, welche kunstvollen Dinge andere mit Häkelnadeln, Händen und Fäden zu fabrizieren in der Lage sind.
Alles begann letztes Jahr um die Weihnachtszeit: Auf der Suche nach Motiven für Krones Weihnachtskarten hatte meine Kollegin Kerstin die Idee, Schals, Pullis und Mützen für Flaschen zu häkeln. Was die kreative Hobbybastlerin besonders toll am Häkeln findet? „Man ist flexibel und kann überall häkeln. Es ist nicht wie beim Nähen, wo man immer an eine Nähmaschine gebunden ist. Außerdem ist Häkeln im Gegensatz zum Nähen leise – und es entspannt“, erzählt sie mir. Und häkelt man wie Kerstin öfter im Bus, kommt man auch häufig ins Gespräch: „Vor allem ältere Damen sind begeistert, wenn ich etwa kleine Tierfiguren häkle. Das ist mal etwas anderes als Schals oder Mützen.“
Ihr letztes Häkelprojekt war jedoch eine Nummer größer – wenn auch für jemand sehr kleinen gedacht. Denn der vor wenigen Wochen geborene Konstantin darf sich über einen warmen Kapuzenpulli freuen, sogar mit Elefantenknöpfen! Ein bisschen neidisch bin ich mittlerweile schon geworden, so etwas würde ich auch gerne können. Wer neugierig geworden ist, kann sich auch auf Kerstins Blog unter www.anjizilla.de inspirieren lassen. Demnächst wird es dort auch eine weihnachtliche Häkel-Anleitung geben.
Kerstins Weihnachts-Häkelaktion blieb nicht ohne Folgen: Eine weitere Kollegin, Angelika, packte ebenfalls das Häkel-Fieber! Zum Glück – denn seitdem fertigt sie kleine Kunstwerke, die hier schon für so einige Begeisterungsstürme gesorgt haben. Ihr Tipp an Häkel-Dummys wie mich: „Man darf am Anfang nicht zu perfektionistisch sein, weil man sonst nur enttäuscht wird!“
Angelika hat natürlich leicht reden – ihre gehäkelten Weihnachtsboten sind unglaublich süß. Solche Figuren nennt man übrigens, so haben mir Kerstin und Angelika erklärt, Amigurumis. Die Bezeichnung für die kleinen (Tier-) Figuren kommt aus dem Japanischen. Und diese kann man auch nicht schnell nebenbei machen, etwa beim Fernsehen. „Man muss genau mitzählen und sich konzentrieren“, erzählt Angelika. Schals und Mützen häkelt sie aber auch gerne mal nebenbei. Für das kleine Rentier mit Schal hat sie circa zwei Stunden gebraucht – was mir fast die Sprache verschlägt: Für mich wäre das wahrscheinlich ein Lebenswerk.
Was Kerstin und Angelika mit all ihren Häkelkunstwerken machen? Verschenken natürlich. Und das ist das Stichwort: Bald ist Weihnachten! Wer also auf der Suche nach einem kreativen und persönlichen Geschenk ist, der ist mit Selbstgehäkeltem gut beraten. Vielleicht probiere auch ich noch einmal mein Glück und versuche mich an einer Amigurui-Figur. Notfalls kann ich aus dem braunen Rentier ja auch einen Hasen für Ostern machen, wenn ich länger brauchen sollte. Wobei – ob man bei mir überhaupt einen Unterschied zwischen den beiden Tieren erkennen würde?





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