Muskelkater und Entspannung auf 1,5 m²

Hund, Katze, Kuh, Fisch, Kamel, Kobra, Krähe – ich komme mir vor wie im Tierpark. Verwundert schaue ich mich um. Nein, ich bin nicht im Zoo, sondern stehe in der völlig überfüllten Uni-Turnhalle, um mich herum etwa 70 weitere Studenten – vorwiegend weiblich – die fast synchron den Anweisungen des Trainers folgen. Nach einer Stunde voller seltsamer Namen und Verrenkungen verlasse ich mit rauchendem Kopf und schmerzendem Körper das Sportgelände. Irgendwie hatte ich mir doch was anderes darunter vorgestellt, unter diesem Yoga.

Die (noch) Yoga-Verweigerer denken jetzt wohl: „Yoga, das ist doch nur meditieren und dehnen, was kann denn daran anstrengend sein?“ Doch all diejenigen, die regelmäßig Yoga praktizieren, werden ihre erste Yoga-Stunde wohl ähnlich in Erinnerung behalten haben und mir beipflichten: Yoga lässt den Blutdruck in die Höhe schießen und nicht selten bleibt ein Muskelkater als Souvenir der Stunde übrig.

Viele Wege führen zum Yogi

Egal welcher Yoga-Stil, das Ziel ist immer das gleiche: Die Praxis soll Körper, Geist und Seele miteinander verbinden und in Einklang bringen. Der Weg dorthin ist vielfältig: Meditative Ansätze stellen den Geist in den Fokus, andere legen Wert auf Askese. Die wohl am weitesten verbreitete Form ist das Hatha Yoga: eine Übungsform, die körperliche Sequenzen, sogenannte Asanas, mit Atem- und Meditationsübungen verbindet und dabei vor allem eins macht: dich und deinen Körper an seine Grenzen bringen.

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Herausforderung und Ausgleich sind für mich der Ansporn, zweimal wöchentlich Yoga-Stunden zu besuchen. Denn den Großteil meines Tages verbringe ich im Sitzen: die Autofahrt ins Büro, meine Arbeit am Schreibtisch und vor dem Computer oder beim Essen – Bewegung kommt meist zu kurz. Dabei ist doch unser Körper, der uns durchs Leben bringt. Umso wichtiger ist es, dieser wertvollen Hülle nur das Beste zu bieten. Flexibilität, Gleichgewichtssinn und Kraft stehen bei allen Asanas im Mittelpunkt. Und beherzigt man alle Anweisungen des Lehrers, dann ist Yoga vor allem eines: unglaublich anstrengend.

„Das Atmen nicht vergessen …“

Eine kleine Kostprobe gefällig? Der Krieger 1 sieht aus wie ein einfacher Ausfallschritt und wird während jeder Stunde ein Dutzend Mal ausgeführt. Für alle Neulinge gibt’s vom Yoga-Lehrer dazu natürlich detaillierte Anweisungen: „In einen weiten Ausfallschritt kommen, rechter Fuß nach vorne, das Knie bildet einen rechten Winkel genau über dem Fußgelenk, das linke Bein ist maximal gestreckt und beide Füße ziehen zueinander („Eine Bewegung, die man von außen nicht sieht, die ihr aber spürt“, wie mein Yoga-Lehrer mit einem Grinsen im Gesicht zu sagen pflegt.). Dabei die Arme kraftvoll und spannungsreich in den Himmel gestreckt – und immer tief und ruhig ein- und ausatmen, mit jeder Ausatmung die Hüfte tiefer Richtung Matte senken lassen.“ Alle, die jetzt gerade wie ein Sprinter vor ihrem Rechner stehen und versuchen, diese Position nachzumachen, die sei erinnert: Der Krieger 1 ist eine einfache Grundübung! Nicht selten verharrt man je auch gerne mal bis zu zehn Minuten mit brennenden Oberschenkeln in dieser Position, während sich die Arme und der Oberkörper nach vorne, zur Seite oder nach hinten bewegen – natürlich ohne dabei die Spannung in den Beinen und Entspannung im Gesicht zu verlieren. Und wenn ich endlich die erlösenden Worte des Yoga-Lehrers „Die Arme vor dir am Boden abstellen und in den herabschauenden Hund kommen“ ertönen, dann währt die Freude nur kurz: Denn jetzt ist der linke Fuß an der Reihe …! Geht es dann an anspruchsvollere Übungsformen wie das Rad oder den Kopfstand geht, dann gehen auch erfahrene Yogis an ihre körperlichen Grenzen. Doch genau diese Herausforderung ist es, die mich fasziniert.

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Yoga boomt

Seit meinen ersten Yoga-Erfahrungen sind mittlerweile drei Jahre vergangen. Schon nach kurzer Zeit hatte mich das Fieber gepackt. Mittlerweile finde ich meine Yoga-Auszeit bei Kursen im Fitnessstudio. Und mit mir viele andere Frauen und Männer (!), die mit ihrer Matte bewaffnet auf der Suche nach einer Stunde Herausforderung und Ausgleich zum Alltag sind. Neben den Studio-Angeboten besuche ich ab und zu spezielle Kurse im Yoga-Studio und beim Strandurlaub gehört für mich die Yoga-Stunde genauso zum Tagesprogramm wie das Essen und Sonnen. Doch nicht genug: Im Sommer fuhr ich zusammen mit eine Gruppe von Arbeitskolleginnen sogar bis an den Schliersee, um dort bei einem dreitägigen Yoga-Event gemeinsam verschiedene Stile kennenzulernen und auszuprobieren. Das Angebot, Yoga zu praktizieren, ist vielfältig und zeigt deutlich: Yoga boomt.
Doch was ist der Grund, der Yoga mittlerweile fast zum Volkssport aufleben lässt? Auf diese Frage gibt es wohl keine Musterantwort. Für mich ist es die Verbindung aus körperlicher Anstrengung und innerer Einkehr: Balance halten, das eigene Gewicht auf Händen tragen, meine Gliedmaßen erst verknoten und dann bis zum Maximum dehnen. Beim Yoga vergesse ich den Alltag, auf meiner Matte lote ich meine eigenen Grenzen aus und jede Yoga-Stunde beende mit einem Lächeln. Diese innere Zufriedenheit ist für mich das wohl wertvollste Geschenk.

Julia macht nicht nur privat gerne Yoga – auch für unsere Lightweighting-Broschüre hat sie als Model ein paar Asanas ausgepackt.

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