Lieber mit Rum bekleckert als von Unwissen gezeichnet*
Karibik, Strandpartys, Rhythmen von Enrique Iglesias dazu – Rum weckt Sommergefühle. Zumindest bei mir. Meistens hat die Realität leider nicht viel mit solchen Tagträumen zu tun und so sind die Situationen, in denen ich tatsächlich meinen Cuba Libre schlürfe nicht ganz so beachlife-mäßig, wie ich sie gerne hätte. Aber Rum bringt trotzdem Schwung in den Abend – und das nicht (nur) wegen seines Alkoholgehaltes. Zeit, sich einen der Klassiker unter den Spirituosen mal genauer anschauen – woher kommt er und wie wird er eigentlich hergestellt? Jetzt wird oberflächliches Partywissen durch tiefgehende Kenntnisse ersetzt.
Der Ursprung
Meine Assoziationen kommen tatsächlich nicht von ungefähr – der Ursprung der beliebten Spirituose liegt in Lateinamerika. Christoph Columbus gilt als der Erste, der in der heutigen Dominikanischen Republik Zuckerrohr angebaut hat. Der Rest geschah eher unabsichtlich – man mixte zufällig Melasse mit Wasser und brachte das Gemisch zum Gären. Heraus kam dabei eine Art Wein aus Zucker mit dem Alkoholgehalt eines stärkeren Bieres.
Die Verbreitung der Spirituose begann mit der Eroberung Jamaikas durch die Flotte des englischen Admirals Pen im Jahre 1655. Seinen Matrosen schmeckte der dort produzierte Schnaps dermaßen gut, dass ihr Admiral quasi als Belohnung die übliche Ration Bier durch Rum ersetzte. Kurz darauf verfaulte durch die hohen Temperaturen das Wasser in den Fässern – doch eine Seuche blieb aus, weil die Seeleute durch den Genuss der hochprozentigen Spirituose von innen desinfiziert und damit immun waren. Daraufhin wurde unverzüglich in der gesamten britischen Marine das Bier durch Rum ersetzt. Ein wenig drastisch, wie ich finde, aber anscheinend wirksam – das Getränk wurde innerhalb kürzester Zeit wahnsinnig populär. Mittels einer neuen Brennmethode verbesserte sich die Qualität des Rums dann im 19. Jahrhundert und erfreute sich damit auch steigender Beliebtheit in Europa.
Die Herstellung
Ein Großteil des Rums wird aus Melasse hergestellt – einem Nebenerzeugnis der Zuckerproduktion. Beim Kochen von Zuckerrohr verdunstet das enthaltene Wasser und der Zucker kristallisiert. Entfernt man den anschließend, bleibt Melasse übrig und kann weiterverarbeitet werden. Einige wenige Rumsorten werden aber auch direkt aus dem Zuckerrohrsaft hergestellt. Das Produkt nennt sich dann in der Regel Rhum agricole und entspricht dem französischen Stil. Zuerst wird eine Maische erzeugt, indem Melasse mit Wasser verdünnt und durch Hefe zum Gären gebracht wird. Beim anschließenden Brennvorgang unterscheidet man drei Methoden, die sich durch die Form der verwendeten Brennkessel voneinander abgrenzen. Für die Rumproduktion haben sich jedoch nur die ersten zwei wirklich durchgesetzt:
Pot-Still Verfahren: Bei diesem Vorgehen, auch diskontinuierliches Brennen genannt, wird ein- oder mehrmals hintereinander in einzelnen, kupfernen Brennblasen (Pot-Stills) destilliert. Die hierbei entstehenden Rumsorten sind meist sehr aromatisch und etwas schwerer.
Continuos-Still / Column-Still Verfahren: Bei der noch jüngeren, kontinuierlichen Destillation wird der Rum in säulenartigen Brennblasen produziert, weshalb der Vorgang auch Säulendestillation genannt wird. Für das Aroma des Rums ist es am Ende ausschlaggebend, wie die Brennblasen geformt sind – je weiter oben das Destillat an der letzten Säule austritt, desto höherprozentig ist es.
Hybrid-Brennblasen: Hierbei handelt es sich um Pot-Stills, die zusätzlich über eine mehr oder weniger große Kolonne verfügen. Diese Art Brennblasen sieht man in Deutschland vor allem bei Obstbrennern.
Die verschiedenen Rumsorten haben nach der Destillation meist einen Alkoholgehalt zwischen 60 % Vol. – 70% Vol. und werden in gebrauchte Fässer abgefüllt, in denen vorher Whiskey, Sherry oder Cognac reifte. Normaler Rum wird am Ende mit Wasser auf Trinkstärke verdünnt, doch die Variante „Navy-Strength Rum“ bleibt hochprozentig und damit so stark, wie sie aus den Fässern kommt. Die Seeleute von früher waren anscheinend extrem trinkfest …
Ein Rum, zwei Rums, drei Rumse?
Die Vielfalt der Rumsorten ist schier unendlich – wie ihre Unterscheidungskriterien. Sie können unter anderem anhand von Farbe, Grundstoff oder Produktionsverfahren voneinander abgegrenzt werden. Interessant weil unkonventionell ist jedoch die historisch gewachsene, regionale Einteilung:
Der kubanische Stil
Er zeichnet sich durch überwiegend leichte und sehr reine Rumsorten aus, die nur einen kurzen Reifungsprozess durchlaufen und sich deshalb besonders als Sommerdrink eignen. Da er meist im spanischsprechenden Teil der Karibik vorzufinden ist, wird er auch oft „Spanischer Stil“ genannt.
Der französische Stil
Der Rhum agricole stammt aus den ehemaligen französischen Kolonien und wird nicht aus Melasse, sondern aus Zuckerrohrsaft hergestellt. Das hat geschichtliche Gründe: Im Frankreich des 18. Jahrhunderts entstand ein Zuckerrüben-Boom, wodurch die Zuckergewinnung aus Zuckerrohr deutlich zurückging. Aus Alternativlosigkeit griff man also direkt auf den Saft zurück – der Rhum agricole war geboren. Heute zeichnen sich diese Rumsorten durch komplexe Aromen und teils fruchtig-nussige Komponenten aus.
Der Jamaika-Stil
Diese Sorten sind nichts für Anfänger – ein hoher Anteil an aromatischen Estern macht sie wuchtig und komplex, doch damit perfekt für kalte Winterabende und experimentelle Kenner. Zu diesem Stil werden heute alle Länder gezählt, die ihren Rum in Pot-Stills brennen, die meisten kommen jedoch aus den früheren englischsprachigen Kolonien.
Na, auf den Geschmack gekommen? Auch wenn man Rum oft mit Sommerabenden und Cuba Libre verbindet, so hat er doch einiges mehr zu bieten. Egal, ob langjähriger Rumliebhaber oder vorsichtiger Neueinsteiger: Eine Kostprobe lohnt sich! Also am besten an den Barkeeper des Vertrauens wenden oder die eigene Kreativität im Heimexperiment sprudeln lassen. Wer sich noch mehr Informationen oder einen Überblick über die Sorten verschaffen möchte, der wird in der Broschüre „RUM“ von Bernhard Schäfer und dem SchokoRing fündig.
*Entschuldigung für den mehr oder weniger guten Wortwitz, ich konnte nicht anders.
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