Industriedesign bei der Krones AG
Haben Sie sich schon einmal gefragt, wer Ihren Kugelschreiber gestaltet hat? Oder den Schreibtisch, an dem Sie arbeiten? Oder die Flasche, aus der Sie trinken? Das waren in den meisten Fällen Industrie- oder Produktdesignerinnen und -designer, die – von der Öffentlichkeit unbemerkt – in den verschiedensten Unternehmen arbeiten. Aber sind diese Alltagsgegenstände wirklich „Designerstücke“?
Design – Styling und Gestaltung
In den meisten Fällen ja – denn jeder Gegenstand um Sie herum sieht nicht zufällig so aus, wie er es tut. Ihr Lieblingskugelschreiber liegt vielleicht besonders gut in der Hand oder lässt sich schön unauffällig und praktisch in eine Mappe schieben. Oft steckt daher sehr viel mehr Entwicklungsarbeit und Know-how hinter einem Produkt als man auf den ersten Blick erkennt. Das betrifft besonders Alltagsgegenstände, die sich sehr unauffällig in unser Leben integrieren.
Natürlich denkt man bei dem Begriff „Design“ an viele große Namen, wie Konstantin Grcic, Karim Rashid, Zaha Hadid, Luigi Colani oder Philippe Stark – um nur ein paar wenige Stardesigner zu nennen. Und man denkt häufig leider auch an überstylte, unpraktische und unbequeme Gegenstände. (Lesen Sie dazu auch: „Warum deine Zitronenpresse geil aussieht und meine funktioniert“) Doch die Mehrheit der Produkt- oder IndustriedesignerInnen arbeitet inkognito jeden Tag an den Produkten, die Sie im Alltag umgeben und Ihnen im besten Fall helfen.
Designstrategien in Unternehmen
IndustriedesignerInnen gestalten aber nicht immer nur das Endprodukt oder das Verkaufsgut eines Unternehmens, sondern in manchen Fällen sogar dieses Unternehmen selbst. Sie tun dies, indem sie dem Unternehmen eine „Corporate Identity“, also ein Gesicht verleihen. Hier gilt Peter Behrens als der Prototyp des Industriedesigners, sozusagen als der Erfinder des „Corporate Designs“. Behrens war 1907 im „Künstlerischen Beirat“ der Firma AEG tätig und dadurch nahezu in alle gestalterischen Projekte der AEG involviert: von grafischen Arbeiten und Printmedien angefangen, über Produktentwürfe der Verkaufsgüter bis hin zur Architektur der Unternehmensgebäude. Design wurde hier als ganzheitlicher Gestaltungsansatz verstanden, der zentral organisiert ist („Künstlerischer Beirat“ ist heute vergleichbar mit einem „Creative Director“), sich durch alle Ebenen eines Unternehmens zieht und nach dem sich das Unternehmen richtet.
Was sind die Vorteile dieser Strategie?
Damals wie heute standen der wirtschaftliche Erfolg, die Arbeitseffizienz und die Kostenoptimierung im Vordergrund. Eine starke Marken- und Firmenidentität kann dies begünstigen, da sie sowohl nach Außen als auch nach Innen positive Effekte auslöst. So identifizieren sich nicht nur mögliche Kunden, sondern auch die Belegschaft mit dem Unternehmen. Dies kann sowohl das Kaufverhalten der Kunden als auch die Arbeitsmotivation und die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer steigern. Ein Unternehmen mit eindeutigem Gesicht, klaren Prinzipien und Zielen macht Mitarbeiter stolz. Ich selbst finde es beispielsweise motivierend, für ein Unternehmen mit starkem Auftreten zu arbeiten. Auch Sie kennen vielleicht dieses Gefühl. Auch einige andere deutsche Traditionsfirmen, wie beispielsweise Braun, bulthaup, Wilkhahn oder die Automobilhersteller, arbeiten designorientiert.
Industriedesign bei der Krones AG und wie alles begann
Krones ist in seiner Kernausrichtung ein maschinenbauzentriertes Unternehmen. Aber natürlich hat auch Krones eine Corporate Identity mit einem eindeutigem Gesicht, das im Corporate Design Manual festgehalten ist. Industriedesign tritt bei der Krones AG als Dienstleistung im Rahmen des Verkaufs von Anlagen und Maschinen auf. Zu diesen Dienstleistungsabteilungen für unsere Kunden zählen die Gruppen „PET Packaging Design“ und „LCS Bottle Design“, in denen unter anderem ausgebildete Industriedesignerinnen und -designer arbeiten. Vor ca. 25 Jahren fiel die Entscheidung dazu: Krones erweitert und ergänzt sein Produktportfolio und steigt in den wachsenden PET-Markt ein. 1997 wurde die erste Anlage für PET-Streckblastechnik ihrer Art ausgeliefert – die Contiform. Mit dieser Entscheidung hat Krones nicht nur die Maschine für ihre Kunden entwickelt, konstruiert, montiert und ausgeliefert, sondern auch den Grundstein für klassisches Industriedesign bei der Krones AG gelegt. Denn eine PET-Flasche ist ein typisches Massenprodukt, das als Artikel für den Endkonsumenten gestaltet wird. Erst im Laufe der Zeit wurde diese Dienstleistung für unsere Kunden auf- und ausgebaut, so dass wir nun unseren Kunden eine Komplettlösung für ihre PET-Anlage anbieten können: Der Kunde erhält nicht nur die Krones Maschinen- und Anlagenkomponenten aus einer Hand, sondern auch seinen eigens für ihn designten PET-Behälter – das Konsumgut, mit dem er schließlich diese Anlage finanzieren wird.
Martina Ambrosiak ist in der Gruppe „LCS Bottle Design“ tätig und seit dem „ersten Tag“ des Behälterdesigns dabei. Ihr Kollege Mario Casper kam im Frühjahr 2014 zur Krones AG.
Martina, welche Aufgaben habt ihr damals als frisch gebackenes Behälterdesign-Team hauptsächlich übernommen?
Zu Beginn wurden die Blasformen extern gefertigt. Das heißt die Hauptaufgabe im Behälterdesign war die Koordination der Projekte.
Erst später – im Frühjahr 2000 – wurde eine eigene Konstruktion im Haus aufgebaut. Damit hielt auch die CAD-Software Unigraphics in die Krones-Welt Einzug. Zu Beginn wurde noch der gesamte Arbeits- und Konstruktionsprozess vom Behälterdesigner abgebildet – also sowohl die Behälterkonstruktion als auch die Blasformkonstruktion.
Erst seit 2003 sind beides ja getrennte Teams. Parallel wurde auch eine eigene Formfertigung aufgebaut. Ein ziemliches Neuland, weil weder die Datensysteme im SAP noch die Fertigungsstände darauf ausgelegt waren. Man war also sehr stark mit den Kollegen in Kontakt, um die Projekte erfolgreich abzuwickeln.
Das automatisierte System, dass wir heute haben, hat sich dann erst schrittweise daraus entwickelt.
Mario, welche Auffassung hast du als waschechter Industriedesigner von der Gestaltung von PET-Behältern?
Mario: PET-Behälter als Produkte sind eine besondere Herausforderung in der Gestaltung. Da PET-Behälter alltägliche Produkte sind, die uns „natürlich“ umgeben, werden sie meist nicht als die High-Tech-Produkte wahrgenommen, die sie sind. Wenn man sich nun vorstellt, wie eine Krones Anlage mehrere Zehntausend Behälter pro Stunde fertigt, befüllt, etikettiert und verpackt, die mit Wandstärken von 0,3mm einem Druck von bis zu 4bar standhalten, dann wird klarer, was der PET-Behälter heute leisten können muss.
Es gibt zahlreiche technische Einflussfaktoren, wie Abfüllverfahren, Etikettier- und Umverpackungsvarianten und verschiedenste Füllgüter, Materialeigenschaften der Preforms (Vorformlinge) u. v. m. – da ist ein hohes Maß an Erfahrung und technischem Knowhow gefordert.
Außerdem erwarten unsere Kunden immer neue, individuelle Designlösungen, um sich vom Wettbewerb abzugrenzen. Und das in einem Markt, der stetig wächst und ständig neue Formsprachen und Trends hervorbringt. Im Laufe der Entwicklung ist man daher ständig mit dem Kunden in Kontakt und berät in allen designrelevanten Fragen. Dabei benötigt man ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit, Innovationskraft und ästhetischem Verständnis.
Was unsere Projekte besonders von „Durchschnitts“-Design-Projekten unterscheidet, ist die relativ kurze Bearbeitungszeit. Für die Design-Entwicklung bleiben meist nur wenige Tage oder Wochen.
Die Gestaltung von PET-Behältern ist damit das perfekte Aufgabenfeld für Industriedesigner – technisch und ästhetisch anspruchsvolle Produkt, enger Kundenkontakt und stetig neue, spannende Aufgabenstellungen.
Martina und Mario, was sind rückblickend für euch die Meilensteine für das Behälterdesign bei Krones AG gewesen?
Ganz kurz skizziert, lässt sich das so beschreiben:
Frühjahr 2000 – Aufbau eines eigenen Blasformgeschäfts
2003 – Trennung von Behälterdesign und Blasformkonstruktion. Damit auch vermehrter Kontakt zwischen Behälterdesign und Kunden.
2006 – der erste Industriedesigner wird Teil des Behälterdesign Teams. Damit entwickelt sich eine andere Herangehensweise und eine neue Kompetenz in der Behältergestaltung.
2007 – erster 3D-Druck von Behälter-Mock-ups
2008 – die Entwicklung des Freiform-Petaloidbodens
2008 – Entwicklung eines neuen Abfüllprozesses: Nitro Hotfill
2010 – ProShape
2013 – Aufbau eines weiteren Behälterdesign Teams in den USA bei Krones Inc.
2014 – Aufbau eines weiteren Behälterdesign Teams nur für Nachrüstungsprojekte am Standort Neutraubling
2015 – erste Versuche mit Direktdruck-Technologie
Worauf freut ihr euch in Zukunft?
Martina: Weiterhin viele Projekt mit vielen verschiedenen Kunden, neuen Anforderungen und spannenden Aufgaben.
Mario: Eine verstärkte Verbreitung der Direktdruck-Technologie – damit werden im Design völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten geschaffen.
Martina: Die Entwicklung neuer Technologien, um Kunden weiterhin von uns zu überzeugen.
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