„Immer am Boden bleiben“ – Teil 2

 

Interview mit Volker Kronseder

Fortsetzung von Teil 1 des Gesprächs.

Kundenzufriedenheit hat bei Krones natürlich oberste Priorität, denn nur dann stimmen auch die langfristigen Erfolgsaussichten. Wie entscheidend ist aber die Mitarbeiterzufriedenheit, um dieses Ziel zu erreichen?

Ich denke, dass sich beides gegenseitig bedingt. Unzufriedene Mitarbeiter werden mit ihren Produkten kaum zufriedene Kunden erzeugen. Im Hinblick auf den Gesamterfolg des Unternehmens ist Mitarbeiterzufriedenheit auch wichtig, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Die Mitarbeiter müssen motiviert ihre Leistung erbringen und dabei möglichst wenig Fehler machen. Fehler kosten ja immer Geld und viele Fehler kosten viel Geld. Dann wird man auf Dauer nicht wirtschaftlich arbeiten können. Auch die Innovationsfreudigkeit spielt eine große Rolle: Ist ein motivierter, zufriedener Mitarbeiter mit Leib und Seele dabei, dann ist er der Motor, denn er sieht Verbesserungsmöglichkeiten.

Wie schätzen Sie die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber ein?

Die Mitarbeiterzufriedenheit hat viele Facetten. Der Betriebsrat spielt eine der wichtigen Rollen. Ich glaube, wir haben ein gutes Verhältnis zu unserem Betriebsrat. Aber ich führe auch auf allen Ebenen immer wieder Gespräche mit den Menschen im Unternehmen. Deshalb komme ich durchaus zu der Einschätzung, dass wir eine relativ hohe Mitarbeiterzufriedenheit haben. Es ist schon so, dass jemand bei Krones auch sagt, wenn einem etwas nicht passt, wie zum Beispiel „Mir gefällt es gut bei euch, aber die Sache mit den Parkplätzen, das passt mir überhaupt nicht“. Das trauen sich die Mitarbeiter zu sagen, weil sie wissen, dass ich kein „Sprich mich nicht an“-Typ bin.

Sie setzen auch viel auf interne Kommunikation.

Als ich damals angetreten bin, habe ich festgestellt, dass ein informierter Mitarbeiter sehr viel besser zu führen ist. Denn er weiß, warum etwas stattfindet – auch wenn es ihm im ersten Moment vielleicht nicht so passt, aber er hat einfach diese Information. Deswegen haben wir auch unsere verschiedenen Kommunikationsmöglichkeiten aufgebaut: die tägliche Vorstandssitzung, das Management-Meeting einmal im Monat, die Mitarbeiterzeitung, das Intranet. Wir hatten sehr früh schon eine Kommunikationsabteilung und -kultur installiert, sodass die Mitarbeiter zu jedem Zeitpunkt wissen, wie es dem Unternehmen geht, welche Notwendigkeiten wir haben, was unsere Ziele sind, was unsere Strategie ist. Ich denke, das ist eine unabdingbare Voraussetzung, um erfolgreich zu sein. Dann ziehen am Ende auch die meisten an einem Strang.

Der Erfolg am Markt hängt natürlich auch von den angebotenen technischen Lösungen und der Innovationskraft eines Unternehmens ab. Wie wichtig ist Ihnen persönlich die Technik bei der Produktion und Abfüllung von Getränken aller Art?

Natürlich sehr wichtig. Ich bin ja hier im Unternehmen groß geworden und habe schon als kleiner Junge einen Getriebeplan gesehen und die Mechanik sehr früh verstanden. Das ist mir schon früh in Fleisch und Blut übergegangen: Mein Herz schlägt für die Technik. Als Unternehmer muss man natürlich auch den wirtschaftlichen Aspekt im Auge behalten, deswegen bin ich Wirtschaftsingenieur geworden. Aber vorher war ich Technischer Zeichner. Ich bin Techniker mit Leib und Seele.

Ist die Getränkebranche für Sie persönlich eine besonders sympathische Branche?

Natürlich. Wir stellen Maschinen her, mit denen unsere Kunden Getränke für die Menschen produzieren, ob mit oder ohne Alkohol. Wenn ein Mensch Genussmittel zu sich nimmt, ist er meist guter Dinge. Da macht es doch Spaß, sich in einer so sympathischen Branche zu bewegen. Wir haben es mit großen Namen zu tun, aber auch mit vielen kleinen Kunden. So kommen wir international mit einer Vielzahl von ganz unterschiedlichen Kunden zusammen – und da erlebt man immer wieder schöne Geschichten.

Wie schafft es Krones, bei den vielen Innovationen für die Branche immer wieder eine Vorreiterrolle spielen zu können, und das vor allem auf Dauer?

Ich denke, dass wir gut zuhören, was unsere Kunden sagen. Letztendlich müssen wir Entwicklungen bereitstellen, die unseren Kunden helfen, ihre Produktion täglich sicher und auch kostengünstig zu bewerkstelligen. Dann gibt es natürlich neue Technologien, die aufkommen. Diese müssen mit dem Vorhandenen in Einklang gebracht werden und das führt dann zu Innovationen, zu neuen Maschinen. Und dann gibt’s auch noch die Verbraucher, die gewisse Vorlieben haben. Es hat sich gezeigt, dass die PET-Flasche eine sehr hohe Kundenakzeptanz hat: hohes Volumen, leicht, unzerbrechlich, einfach zu handhaben – das war ein Megatrend, den wir erkannt haben. Deswegen sind wir auch in die Kunststofftechnik eingestiegen.

War die Entscheidung zum Einstieg in die PET-Technologie Ende der 90er Jahre für Sie und Ihr Unternehmen rückblickend betrachtet die wichtigste hinsichtlich der technischen Innovationskraft?

Absolut, 1997 hat Krones zur drinktec die erste Blasmaschine vorgestellt. Heute macht die PET-Flasche einen großen Teil unseres Geschäfts aus. Wenn wir diesen Zug verschlafen hätten, dann wären wir nicht so erfolgreich, wie wir es heute sind.

Würden Sie sagen, dass der Ausbau der Aseptik vergleichbar zukunftsentscheidend war wie zuvor der Beginn des Streckblasmaschinenbaus?

Ich denke ja. Die Kunden und das Verbraucherverhalten haben uns aufgezeigt, dass die Konsumenten einfach keine Konservierungsstoffe in ihren Getränken haben wollen. Die Deklarationspflicht und die analytischen Möglichkeiten, die heute in atommolekularen Bereichen irgendwelche Stoffe analysieren können, führten dazu, dass der Verbraucher sehr viel kritischer ist. Es gibt aber Getränke, die ohne Konservierungsstoffe nicht stabil wären, deswegen müssen diese Getränke kaltsteril abgefüllt werden – und da wollten wir vorne mit dabei sein.

Wohin wird diese Entwicklung noch gehen?

 Die Entwicklung in der Aseptik geht dahin, dass man so wenig Chemie, Wasser, generell Ressourcen verbraucht wie nur irgendwie möglich. Dazu stehen physikalische Entkeimungsverfahren wie PreBeam zur Verfügung. Das Verfahren haben wir schon zur letzten drinktec vorgestellt und es wird meiner Meinung nach die Zukunft der Aseptik sein.

Der Anstoß für unsere Innovationen ist allerdings auch nicht nur von den Kunden ausgegangen. Es gibt zum Beispiel die Krones Contiroll, eine heute tausendfach gebaute Etikettiermaschine, die eine transparente Kunststofffolie kontinuierlich von der Rolle etikettiert. Diese Technik macht das Produkt sichtbar und ermöglicht völlig neue Flaschen-Designs. Das ging nur, weil es eine Maschine gab, die kostengünstig solche Folien verarbeiten konnte. Diese Marktentwicklung ist tatsächlich aus der eigenen Innovationskraft heraus entstanden. Und so wird es jetzt hoffentlich auch wieder mit der Direktdruckmaschine sein: Diese Art der Flaschengestaltung und -dekoration bietet andere Möglichkeiten als mit herkömmlichen Etiketten.

Und dann intensivierte Krones in den vergangenen Jahren auch die Blockbauweise, deren Grundprinzip ja eigentlich schon von Ihrem Vater Hermann Kronseder vorgedacht und realisiert wurde. Doch erst jetzt setzt sich diese Denkweise so richtig durch. Woran liegt das?

Das stimmt, die Blockbauweise war der Hauptantrieb für meinen Vater, überhaupt Füllmaschinen zu bauen. Die Füllerhersteller waren damals so arrogant und wollten mit „seinen“ Etikettiermaschinen keinen Block bauen. Dann hat sich die Möglichkeit ergeben, selbst einen Füller zu bauen – und die Blockidee konnte realisiert werden. Die Blockidee wurde oft totgesagt und lebt heute munterer denn je. Denn dabei werden eine Vielzahl unterschiedlicher Maschinen mechanisch zusammengeblockt, und das ist platzsparend, ressourcenschonend sowie bedienungsfreundlich und erzielt einen hohen Wirkungsgrad.

Als letztendliches Ziel wurde auf einer der vergangenen drinktec Messen einmal die Blockbauweise einer gesamten Abfülllinie proklamiert. Das hat sich bis jetzt nur teilweise erfüllt. Die Frage ist auch, ob es wirklich sinnhaft ist?

Es gibt ja neben dem Nassteil- auch den Trockenteilblock, man hat aber immer noch ein paar Transportbänder zwischen den beiden Blöcken. Das ist einfach eine technische Notwendigkeit, um bei einer Störung zumindest einen Puffer zu haben und so die Maschinen leer fahren können.

Ähnliches gilt auch in der Prozesstechnik für Bier. Da stand mal die kontinuierlich arbeitende Brauerei im Raum. Hat sich das Thema heute erledigt?

 Das glaube ich nicht. Es hört sich ja oft so an, als ob ein Produkt eine schlechtere Qualität hat, wenn es kontinuierlich produziert wird. Das denke ich jedoch nicht. Bisher ist gerade beim Brauen die Qualität eher besser als schlechter geworden. Denn es gibt dank kontinuierlicher Brau- und Gärverfahren auch Möglichkeiten zur vollen Qualitätserhaltung. Wir haben auf der letzten BrauBeviale die kontinuierliche Gärung vorgestellt, die zu einer Verbesserung einer Brauerei im Kaltsterilbereich führen wird. Das Verfahren ist ressourcenschonender und benötigt weniger installierte Kapazität. Da sind wir jetzt zwar erst im Anfangsstadium, ich denke aber, dass dies irgendwann Standard werden kann.