Flaschenphilosophie – Mensch, Wasser und Konsum
In Flaschen abgefülltes Wasser trinken, das steht in den westlichen Wohlstandsgesellschaften immer wieder in der Kritik. Kritik soll uns zum Denken anregen und das ist ja erst einmal eine gute Sache. Aber was ist nüchtern betrachtet an der Ablehnung von „bottled water“ dran? Versuchen wir doch einmal das Thema in einem etwas größeren Zusammenhang zu sehen.
Jeder Mensch hat Bedürfnisse. Zu den Grundbedürfnissen gehört, noch vor der Nahrungsaufnahme und ganz sicher vor allen Luxusgütern, die ausreichende Flüssigkeitszufuhr, das Trinken also. Denn ohne ausreichend zu trinken wird man schließlich krank und leidet.
Wir können grundsätzlich nicht durch das Leben gehen ohne in irgendeiner Art und Weise unsere Umwelt und unsere Mitmenschen zu beeinträchtigen. Realistisch gesehen ist ein auskömmliches und moralisch zu rechtfertigendes Leben immer ein Ausgleich zwischen den eigenen Interessen und denen der Anderen. Die eigene Freiheit sollte da enden, wo die Freiheit des Anderen anfängt; und zwar so, dass am Ende jeder ein gerechtes Stück vom Kuchen abbekommt. Blickt man vorausschauend schon auf nachfolgende Generationen (und vielleicht sogar global gesehen, was die reicheren Länder allerdings in eine unangenehme Position bringen würde), ist dieser schon alte philosophische Gedanke eine ganz gute moralische Grundlage. Und zwar sowohl für persönliche Entscheidungen als auch als Leitlinie für eine gerechte und vernünftige Gesetzgebung.
An die gesetzlichen Regeln müssen wir uns alle halten. In den (auch finanziell) verbleibenden Freiräumen dürfen wir aber für uns selbst vertretbare angemessene Entscheidungen treffen – die Wahl liegt hier also bei uns: Das Reihenmittelhaus in einer Nullenergie-Siedlung oder das freistehende Einfamilienhaus; der 300 PS Stadtgeländewagen oder Fahrrad, Bus und Bahn. Der Wanderurlaub im eigenen Land oder die Flugreise in die Karibik; Motorsport oder der Kinobesuch um die Ecke. Biogemüse aus der Region oder Billigfleisch aus der Massentierhaltung. Und eben auch: Leitungswasser oder abgefüllte Getränke.
Es steht außer Frage, dass es für die Umwelt eine geringere Bürde ist, aus der Leitung zu trinken (zumindest dort, wo es gesundheitlich unbedenklich ist) als abgefüllte Getränke aus z.B. Flaschen oder Kartons. Ebenso unumstritten ist aber, dass eine Flasche Wasser in der richtigen Situation (nämlich dann, wenn man Durst und keinen Trinkbrunnen vor der Nase hat) eine Verbesserung der augenblicklichen Lebensqualität bedeutet. Und dass Wasser von allen abgefüllten Getränken sicherlich die geringsten negativen Auswirkungen auf unsere Umwelt hat.*




In diesem Sinne wünsche ich mir bei Diskussionen auch über Getränkeverpackungen folgendes: Mehr Toleranz und Augenmaß, weniger Fingerzeigen und ideologische Voreingenommenheit. Insgesamt also eine verhältnismäßige und angemessene Diskussion. Auch dieses heikle Thema verdient das.
*unabhängig von der angewendeten Berechnungsmethode, denn alle anderen Getränke enthalten dieses Wasser auch und dazu noch „Weiteres“. Nämlich als Inhaltsstoff und dementsprechend auch in ihrem „ökologischen Fußabdruck“, stofflich und energetisch
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