Evoguard oder: Wie ich lernte, die Pumpe zu lieben
Sogar nach acht Jahren bei Krones stelle ich immer wieder überrascht fest: Die spannendsten Geschichten findet man oft dort, wo man sie gar nicht vermutet. Zum Beispiel in Nittenau bei der Krones Tochter Evoguard. Dorthin hat mich vor Kurzem ein Interview für unsere Mitarbeiterzeitung verschlagen. Thema war die hygienische Kreiselpumpe, die Evoguard entwickelt hatte. „Öh, eine Pumpe …? Klingt ja nicht so aufregend“, dachte ich mir noch, als ich in Neutraubling ins Auto gestiegen war. Aber da wusste ich ja auch noch nicht, was mich in Nittenau so alles erwartet. Eine Folterkammer zum Beispiel – aber halt: Ich will nicht vorgreifen. Am besten erzähle ich die Geschichte ganz von vorn:
Herzlich willkommen im Neuland
Es ist zehn Uhr morgens, ich bin gerade im Evoguard Werk angekommen und treffe meine beiden Interviewpartner Willi Wiedenmann und Stephan Mannl. Wiedenmann ist bei Evoguard Produktmanager der ersten Stunde und weiß wahrscheinlich mehr über Ventile und Pumpen als jeder andere in der Branche – auch wenn er selbst das niemals zugeben würde. Sein Kollege Stephan Mannl arbeitet in der Entwicklung und ist als Projektleiter sozusagen der Vater der hygienischen Kreiselpumpe. Dass das ganze Pumpen-Thema für mich absolutes Neuland ist, durchschauen die beiden Fachmänner auf Anhieb. Zum Glück lassen sie sich von meiner Ahnungslosigkeit nicht weiter irritieren und plaudern einfach munter drauflos: Die Entscheidung, zusätzlich zu den Evoguard Ventilen auch eine Pumpenserie zu entwickeln, fiel 2012, erklärt Willi Wiedenmann. Als Grund führt er zum einen den großen Eigenbedarf an: Allein in der Krones Prozesstechnik würden jährlich Tausende Pumpen verbaut; zum anderen sei der Anspruch, den Krones an seine Maschinen stellt, mit zugekauften Komponenten zuweilen nur schwer zu erfüllen. „Doch gerade bei der Pumpentechnik können sich Kompromisse fatal auswirken“, ergänzt Stephan Mannl: „Wenn beim Kunden eine Pumpe steht, geht in der Produktion gar nichts mehr!“
Safety first!
So langsam dämmert es mir, dass mein Themen-Radar dieses Mal ganz schön versagt hat: Bei der Herfahrt dachte ich noch, Pumpen seien trivial, jetzt erkenne ich: Sie sind sogar das Herzstück jeder Prozesstechnik-Anlage! Damit dieses auch gesund und stark schlägt, stand für das Entwicklerteam schnell fest, dass Laufrad und Gehäuse der Evoguard Pumpe unbedingt aus Vollmaterial bestehen müssen. „Dadurch weist sie zum Beispiel im Produktraum keinerlei Poren auf, in denen sich Keime festsetzen könnten“, sagt Stephan Mannl. Sicherheit ist ohnehin das alles bestimmende Thema bei Evoguard – der rote Faden, der sich durch die komplette Produktwelt zieht. Bei der Pumpe bedeutet das unter anderem, dass sich in ihrem Produktraum keinerlei bewegliche Teile befinden, dass sie sich ohne Zerlegen vollständig reinigen lässt und – was am aller wichtigsten – ist: dass sie durch und durch den Vorgaben der EHEDG entspricht. Auf letzteres ist Willi Wiedenmann besonders stolz: „Weil wir die Entwicklung wirklich bei null gestartet haben, konnten wir von Anfang an alles richtig machen – und diese Chance haben wir auch genutzt.“
Jede Pumpe ein Unikat
Dazu gehört auch, dass sich die Evoguard Entwickler Unterstützung von der Krones Forschung und Entwicklung geholt haben. „Was die Eigenschaften von flüssigen Medien und Füllgütern betrifft, hat Krones natürlich schon sehr viel Erfahrung und vor allem auch valide Labordaten gesammelt“, erklärt Stephan Mannl, „da lag es nahe, dieses Wissen auch für unsere Zwecke zu nutzen.“ So haben die Krones Tüftler für ihre Kollegen aus Nittenau extra ein Programm geschrieben, mit dem sich Eigenschaften wie Temperatur oder Viskosität beim Auslegen der Pumpe berücksichtigen lassen. „Soll das etwa heißen, dass Sie jede Pumpe individuell an deren späteren Einsatzweck anpassen?“, frage ich ungläubig nach. „Ja, klar“, kommt es von Mannl und Wiedenmann ungerührt zurück. Pumpen-Unikate sind für die beiden scheinbar das normalste der Welt.
Im Inneren der Folterkammer
Das Prinzip Einzelbehandlung, so erfahre ich weiter, beschränkt sich dabei nicht allein auf die Konstruktion. „Jede Pumpe, die unser Werk verlässt, haben wir zuvor einzeln getestet “, erklärt Wiedenmann. Und weil ich schon wieder so ungläubig dreinschaue, steht Wiedenmann auf und führt mich kurzerhand in die Produktionshalle hinunter. Vor einem abgetrennten, quadratischen Raum bleibt er stehen und verkündet freudestrahlend: „Sehen Sie, das hier ist unsere Folterkammer für Ventile und Pumpen!“ Das Innenleben des Raums mutet auf den ersten Blick tatsächlich ein wenig martialisch an: Ich sehe dicke Edelstahlrohre, die aus der Wand ragen, sowie allerlei Gerätschaften und Werkzeuge, deren Funktion ich nicht kenne. Laut Wiedenmann dient der ganze Aufbau dazu, alle bei Evoguard gefertigten Ventile und Pumpen im Dauertest auf Herz und Nieren zu prüfen. „Nur absolut fehlerfreie Produkte dürfen ihre Reise zum Kunden antreten.“
Ein (Wieden-)Mann für alle Fälle
Nachdem ich die Folterkammer ausgiebig bestaunt habe, zeigt Wiedenmann mir gleich noch die übrige Produktion. Dass der Produktspezialist wirklich alles über Pumpen und Ventile weiß, war mir zwar schon vorher klar. Doch nun, auf unserer Runde durch die 3.200 Quadratmeter große Halle, stelle ich zudem fest: Wenn es darauf ankäme, könnte er sogar jeden Produktionsschritt eigenhändig ausführen. Nicht nur kennt er jede einzelne Fertigungsmaschine, er kann auch ganz genau erklären, was und wie damit gearbeitet wird. Obwohl die Informationsfülle des Tages inzwischen anfängt, mich leicht zu überfordern, macht der Rundgang trotzdem unheimlich viel Spaß. Denn die Begeisterung, mit der Wiedenmann über „seine“ Produkte spricht, reißt einen beim Zuhören unweigerlich mit. Als wir uns schließlich verabschieden und ich wieder im Auto sitze, sind meine morgendlichen Sorgen längst vergessen. Dafür kämpfe ich jetzt mit einem ganz anderen Problem: Wie soll ich nur all die spannenden Fakten in einem einzigen Artikel unterbringen?
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