Ersatzteile umweltfreundlicher verschicken

Manchmal fallen einem die besten Geschichten völlig unterwartet in den Schoß: Während der Arbeit an der aktuellen Ausgabe unserer Mitarbeiterzeitung meldet sich Andreas Gangkofner bei mir. Er ist Head of Incoming Logistics in unserem LCS Logistik-Center, das die Ersatzteillieferungen an Kunden abwickelt, und möchte wissen, ob wir in der Mitarbeiterzeitung noch ein wenig Platz übrighätten: Im LCS Logistik-Center seien im Rahmen eines Projekts die Verpackungsprozesse mit dem Ziel umgestellt worden, den Ersatzteilversand schneller und vor allem umweltfreundlicher abzuwickeln. Das wäre doch vielleicht für den einen oder anderen Mitarbeiter interessant zu lesen.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs schleicht sich schon die Ahnung ein, dass das Thema mehr als ein „bisschen Platz“ verdient hat – und dass Andreas Gangkofner (in typischer Kronesen-Manier) ein wenig tiefstapelt, was das Ausmaß und das Ergebnis des Projekts betrifft.

Beim Vor-Ort-Termin bestätigt sich meine Vermutung: Nachdem sie mich mit Warnweste und Sicherheitsschuhen ausgestattet haben, zeigen mir Andreas Gangkofner, sein Kollege Matthias Ilnseher und Daniel Jitaru von unserem Logistik-Dienstleister Deufol, was sich in den letzten Monaten konkret verändert hat. Und das ist ganz schön viel. So viel, dass ich kaum hinterherkomme, alles aufzuschreiben, was die drei mir während eines Rundgangs durch das Logistik-Center erzählen.

Los geht es mit den Ausgangszahlen: Um die 1.300 Packstücke bereitet das LCS-Logistik-Center jeden Tag für den Versand vor. Für das sichere Verpacken der oft sensiblen Teile fielen vor dem Projekt mehr als hundert Tonnen Kunststoff an – pro Jahr.  Um daran etwas zu ändern, formierte sich im vergangenen Jahr ein interdisziplinäres Projektteam aus Deufol- und Krones Mitarbeitern. Gemeinsam stellten sie sich der Frage: Wie lässt sich der Ersatzteilversand sowohl ökologischer als auch schneller abwickeln – und das, ohne Qualitätseinbußen in Kauf zu nehmen?

Industrie-Origami

Ganz oben auf der To-do-Liste: eine Alternative für die Kissen aus Polyurethan-Schaum finden, die die Artikel im Versandkarton polstert und fixiert. Auf der Suche nach einer umweltfreundlicheren Lösung wurden 14 verschiedene Produkte getestet. Restlos überzeugen konnte schließlich nur eines: Recycling-Papier.

Klingt im ersten Moment fast zu simpel. Doch damit das Papier auch sensiblen Teilen den gleichen Schutz bietet wie der PU-Schaum, bedarf es einer speziellen Falttechnik. Die Maschinen, die dieses Industrie-Origami beherrschen, sind Sonderanfertigungen, die eigens für den LCS-Versand entwickelt wurden. Mehrere Exemplare davon stehen nun in der Neutraublinger Logistik-Halle; die zuvor verwendeten Kunststoff-Maschinen wurden indes abgeschafft. „In der Anfangsphase sind wir noch zweigleisig gefahren, weil wir die Befürchtung hatten, dass die Qualität der Verpackung leiden könnte“, sagt Gangkofner. „Aber schon die ersten Erfahrungen haben gezeigt, dass das gar nicht nötig gewesen wäre. Inzwischen sind wir komplett auf Papier umgestiegen.“

Nächster Agenda-Punkt: Luftfracht

Um sperrige Güter per Luftfracht zu versenden, kamen Leichtpaletten aus gepressten Holzfasern zum Einsatz. Diese sind im internationalen Warenverkehr zwar allgemein üblich, dennoch weisen sie einen Nachteil auf: Werden sie beladen, entstehen Hohlräume zwischen der Palette und dem Packstück. Diese müssen aus Sicherheitsgründen komplett mit Kunststoff ausgefüllt werden, andernfalls darf die Lieferung nicht mit ins Flugzeug.

Auf der Suche nach einer Alternative durchpflügte das Team den kompletten Markt. „Wir haben wirklich alles getestet, was zu haben war“, sagt Jitaru. „Richtig überzeugen konnte uns aber keine der Lösungen. Deshalb haben wir einfach selbst eine entwickelt.“ Das Ergebnis ist eine Palette, die keine Hohlräume entstehen lässt und zudem 1,7 Kilogramm weniger auf die Waage bringt als ihre Vorgängerin.

Selbst das Kunststoff-Klebeband, mit dem die Luftfracht-Pakete versiegelt werden, wurde durch eine umweltfreundlichere Alternative ersetzt: Das neue Band besteht zu hundert Prozent aus Recycling-Papier und nutzt einen Klebstoff auf Naturkautschuk-Basis. „Damit sparen wir weitere 8.500 Kilo Kunststoff im Jahr ein“, freut sich Gangkofner.

Wiederverwenden statt wegwerfen

Obendrein entstand die Idee, Verpackungen aus dem Wareneingang für den Versand der eigenen Lieferungen wiederzuverwenden. Statt also wie bisher die erhaltenen Verpackungen routinemäßig zu entsorgen, sortieren die Kollegen im Wareneingang diese nun entsprechend vor. Ein Mehraufwand sei das nur auf den ersten Blick, meint Matthias Ilnseher. „Wir sparen dadurch wiederum einiges an Materialkosten ein. Außerdem hat es auch die Mitarbeiter im Wareneingang schon lange gestört, dass so viel weggeworfen wird. Mein Eindruck ist, dass sie das Sortieren deshalb gerne in Kauf nehmen.“

Härtetest in China und Brasilien

Beim Testen der neuen Materialien griff das Team auf das internationale Krones Netzwerk zurück. „Die ersten Testsendungen haben wir in unsere LCS Center nach China und Brasilien geschickt“, erklärt Matthias Ilnseher. „Lange Transportwege, mehrere Umschlagplätze und anspruchsvolle Klimabedingungen: Das war gleich der reale Härtetest für die neuen Materialien.“ Nachdem dieser erfolgreich absolviert war, wagte man sich an Kundenlieferungen heran – und verfolgte genauestens die Reaktionen. „In den ersten zwei Monaten waren wir schon sehr nervös“, gibt Andreas Gangkofner lachend zu. „Jetzt nach einem halben Jahr im Realbetrieb können wir aber sicher sagen: Wir haben keine Zunahme an Reklamationen verzeichnet und es sind auch keine neuen Schadensbilder aufgetreten.“

Noch viele Ideen in petto

Der Rückblick auf das erste Jahr Projektlaufzeit fällt bei meinen drei Interview-Partnern mehr als positiv aus. „Uns war es wichtig, dass wir nicht nur an einzelnen Punkten herumoptimieren, sondern den gesamten Prozess betrachten“, erklärt Andreas Gangkofner. „Im Ergebnis haben wir nicht nur unseren ökologischen Fußabdruck verringert, sondern den gesamten Verpackungsprozess schneller und sogar kostengünstiger gestaltet.“ Dennoch gäbe es immer noch viel zu tun, wie er mit Nachdruck betont: „Wir möchten kontinuierlich besser werden, um noch mehr Kosten zu sparen und unseren ökologischen Fußabdruck weiter zu verkleinern.“

Von der Begeisterung und Hartnäckigkeit, mit der sich das LCS-Team auf das Thema Nachhaltigkeit stürzt, zeigt sich auch Daniel Jitaru beeindruckt. „Das Vorurteil, dass umweltfreundliche Lösungen automatisch teuer sein müssen, ist in der Industrie leider weit verbreitet“, erklärt der Deufol-Projektleiter. „Umso mehr freut es uns, dass Krones diesen Weg gemeinsam mit uns geht. Für mich ist das Projekt ein Meilenstein in der Kunden-Lieferanten-Beziehung.“