Eine Getränkeflasche ohne Etikett – nicht vorstellbar

Wann genau Papieretiketten erstmals Bierflaschen zierten und kennzeichneten, ist nicht genau bekannt. Die erstmalige Nutzung dürfte aber im 18. Jahrhundert liegen. Ab 1800 tauchten erste Bierflaschen aus Steinzeug auf, die eingebrannte Herkunftsbezeichnungen trugen. Erste Glasflaschen mit Prägebeschriftung kamen einige Jahrzehnte später auf den Markt. Das allererste registrierte Wein-Papieretikett mit Bild stammt aus dem Jahre 1822. Doch schon die Sumerer hatten vor über 6.000 Jahren eine Kennzeichnung des Inhalts von Weingefäßen vorgenommen, indem sie die Gefäße mit Rollsiegeln versahen. Griechen und Römer hängten später kleine Anhänger an ihre Amphoren.

Ab 1870/80 setzten Brauereien aufgeklebte Papieretiketten bei Bieren für den Export ein. „Etiketten“, so ein Lexikon aus dem Jahre 1858, „sind bei den Kauf- und Handelsleuten ein Stückchen Papier oder Pergament, welches man an einer Sache anheftet, um sich bei Gelegenheit ihres Preises oder ihrer Güte zu erinnern.“ Dies entspricht dem Wortursprung aus dem französischen „estiquier“, „Feststecken“ beziehungsweise „Etiquette“, das am französischen Königshof für Zettel verwendet wurde, auf denen die Rangfolge der am Hofe zugelassenen Personen notiert war.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann allmählich die Automatisierung der Etikettierung. Beim kaiserlichen Patentamt in Deutschland wurde 1895 eine Flaschen-Etikettiervorrichtung patentiert, die das leichtere Erfassen einzelner Etiketten ermöglichte. Ein Schotte meldete im gleichen Jahr einen Vorläufer der späteren Tellermaschine zum Patent an und 1897 erhielt eine „Label Attaching Machine“ ihr Patent in den USA.

150 Millionen Etiketten pro Tag

Heute dienen Etiketten milliardenfach der Auslobung von Getränken aller Art. Eine Massenware, die dennoch mit sehr viel Sorgfalt und Akribie gestaltet wird, häufig entworfen auf der Basis intensiver Marktforschungsergebnisse und neuester verkaufspsychologischer Untersuchungen. Töpfer Kulmbach, einer der führenden Etikettenhersteller der Welt, produziert pro Jahr rund 35 Milliarden Etiketten, fertigt am Standort Kulmbach mit 420 Mitarbeitern mehr als 250 Millionen Quadratmeter bedruckte Ware. Bis zu 150 Millionen Etiketten verlassen das Werk pro Tag. Dabei kommt neueste Technik zum Einsatz, unter anderem fünf Offsetdruckmaschinen mit jeweils bis zu sieben Farben und drei hochmoderne Tiefdruckmaschinen mit bis zu zehn Farben Verarbeitungsleistung. Zusammen mit dem Flexodruck für dehnungssensitive Materialien an einem Beteiligungsstandort in Stralsund stehen damit die drei bedeutendsten Druckverfahren zur Verfügung.

Ein spannender Augenblick

Bei der Etikettengestaltung arbeiten die Drucker Hand in Hand mit den Designbüros der Kunden. Eine eigene Lithographie-Abteilung überprüft in erster Linie die technische Machbarkeit der Entwürfe. Denn jedes Land hat auch seine eigenen Vorschriften, was in welcher Größe auf dem Etikett vorhanden sein muss, vom EAN-Code angefangen über Inhaltsangaben bis hin zum Pfandzeichen. Etiketten dienen ja nicht nur der Werbung, sie sind auch wichtige Informationsträger.

Personalisierung und druckbare Elektronik

Natürlich ist auch die Personalisierung und Individualisierung der Produkte, wie es Coca-Cola im großen Stil mit der Namens-Cola vorgemacht hat, eine aktuell starke Tendenz. Für Promotion-Aktionen bedruckt Töpfer locker mal 30 Millionen Etiketten mit 30 Millionen fortlaufenden Gewinncodes – per professionell schnellem Inkjet-Druck. Druckbare Elektronik ist ein weiteres Thema. Etiketten lassen sich beispielsweise mit LEDs bedrucken, die im Regal, gespeist durch eine externe Batterie, zu blinken beginnen: Kauf mich! RFID – die Transpondertechnologie zur Identifizierung mithilfe elektromagnetischer Wellen – ist eine Elektronikvariante, die aufgrund ihrer Kostenstruktur bislang nur bei hochpreisigen Spirituosen oder teuren Weinen Sinn macht, nicht für Massenware wie Bier. Beim Bier dagegen wird, speziell in Südamerika, derzeit vermehrt Tamper Evidence, also Verschlusssicherung, mit Kaltleimetiketten über dem Verschluss nachgefragt.

Das Papieretikett hat Zukunft

„Unsere Stärke liegt im Papier und in der Folie“, betont Rainer Töpfer, Geschäftsführender Gesellschafter der Töpfer Kulmbach GmbH. „Das Papieretikett hat definitiv Zukunft. Es ist löslich, es ist umweltfreundlich, es ist in hohen Geschwindigkeiten verarbeitbar, es sieht gut aus und es wird nicht vom Markt verschwinden. Es bleibt der Botschafter der Marke im Verkaufsregal und spricht die Konsumenten an. Wenn auf einer Bierflasche kein Etikett drauf ist, dann kauft sie auch keiner.“