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Wenn der Brauer schnell wird: Grünhopfenbier

Wer im Frühjahr oder Sommer in der weitläufigen Hallertau unterwegs ist, sieht wie die Hopfenpflanzen langsam aber sicher über mehrere Meter die Gerüstanlagen der Hopfengärten emporwachsen. In der letzten August- und ersten Septemberdekade herrscht in den normalerweise ruhigen Hopfengärten auf einmal hektische Betriebsamkeit. In der gut dreiwöchigen Zeit fahren die Hopfenbauern ihre über das Jahr sorgfältig gepflegte Ernte ein.

Im Regelfall wird der sogenannte Grünhopfen nach der Ernte sofort weiterverarbeitet. Nach der Trennung vom Hopfenstock werden die weichen und sehr feuchten Dolden getrocknet und zu Hopfenpellets gepresst. Diese Pellets werden weltweit sehr gern für die Bierherstellung verwendet, da sie luftdicht verpackt sehr lange haltbar sind und sich gut dosieren lassen.

Die Sache mit dem Timing

Während der kurzen Erntezeit des Hopfens bietet sich die jährlich einmalige Möglichkeit, ein sogenanntes Grünhopfenbier einzubrauen. Dabei wird der frische Grünhopfen aus dem Hopfengarten sofort nach der Ernte im Sudhaus zur Würzekochung hinzugegeben. Hierbei ist Eile geboten, denn der Grünhopfen verwelkt unbehandelt sehr schnell und verliert so an seinem charakteristischen Aroma.

Die Einmaligkeit dieser Möglichkeit ist gleichzeitig der Reiz des Besonderen. Und wenn das „Grünhopfen-Zeitfenster“ genau in die Zeit vor der BrauBeviale fällt, dann kann das ja eigentlich kein Zufall sein, oder? Ich habe das Timing als Zeichen gesehen und es mir nicht nehmen lassen ein Grünhopfenbier für die kommende Fachmesse einzubrauen.

Gemeinsam mit Dr. Florian Schüll von der Hopfenverwertungsgenossenschaft (HVG) aus Wolnzach treffen wir uns frühmorgens in einem Hopfengarten. Er hat für das Bier eine besonders würzige und aromatische Sorte ausgesucht.

Während noch Nebel über den Feldern liegt, werden ausgesuchte Hopfenpflanzen von Hand geerntet und schnell zu einem benachbarten Hopfenbauern gebracht, wo die Dolden abgezupft werden. Bei der umgehenden Rückfahrt zum Steinecker Brew Center füllt sich bereits das Auto mit angenehmen Hopfenaromen und macht direkt Lust auf mehr.

Hopfen trifft Würze

Dann zahlt sich unser vorher ausgetüftelter Zeitplan aus: Bei der Rückkehr ins Technikum befindet sich der Brauprozess bereits kurz vor dem Ende des Läuterns, die Würzekochung startet in wenigen Augenblicken. Das ist auch deshalb möglich, weil das Prozessleitsystem BOTEC F1 alle Prozesse in Vollautomatik gesteuert und überwacht hat, während wir im Hopfengarten (ganz manuell) geerntet haben. Stichpunkt Zeitplan: Die wichtigen Parameter für dieses spezielle Bier habe ich im Vorfeld eingegeben und damit die Basis für den Brauprozess gelegt. Nach dem Einmaischprozess hatte ich so genügend Zeit für den Ausflug in die Hallertau – und mit dem frischen Hopfen kann ich bei der Rückkehr direkt wieder einsteigen und weitermachen. Schön zu sehen, wie modernste Technik beim Brauen unterstützen kann – ohne dabei dem Brauer jede handwerkliche Arbeit abzunehmen. Ich darf selbst noch „hinlangen“, kann aber trotzdem flexibel arbeiten und auf Prozessautomation und lückenlose Dokumentation zurückgreifen.

Nach der Zugabe in der Würzepfanne wird der Grünhopfen nun mit der Würze gekocht. Das wunderbare Aroma des Hopfens wird nochmal umso deutlicher.

Ein bisschen Hintergrundwissen an dieser Stelle:

Dieses in der US-amerikanischen Craft-Beer-Szene als „wet hopping“ bekannte Prozedere ist sehr beliebt, denn bei vielen Brauern hat sich der Grundsatz „fresh is best“ durchgesetzt. Und natürlich erweitert diese alternative Art der Hopfengabe auch die Bandbreite an Aromen, die das Bier eines experimentierfreudigen Brauers haben kann. Bei Grünhopfenbieren ist der Bierstil übrigens nicht festgelegt, es kann also ein Helles, ein Weizen oder auch ein Pale Ale sein.

Et voilá: ein Grünhopfenbier

Bei meinem Bier soll das kräftige, aber dennoch runde Hopfenaroma mit grasig-grünen Noten im Mittelpunkt stehen. Dementsprechend braue ich ein helles Bier nach Pilsner Brauart mit nur einem kleinen Anteil an Caramel-Malzen ein. Dabei sorgt die Stammwürze von 12,5 °Plato für einen harmonierenden Körper.

Die klassische untergärige Gärung bei kühlen Temperaturen sorgt für einen ausgewogenen Geschmack und spritzigen Biergenuss. Auf eine Filtration des Bieres verzichte ich übrigens bewusst: Ich möchte alle Hopfenaromen im Bier behalten und so natürlich wie möglich ausschenken.

Apropos ausschenken – da können Sie dabei sein! Kommen Sie uns auf der BrauBeviale in Halle 7A besuchen – das Grünhopfenbier steht für unsere Gäste bereit und erwartet die ersten gespannten Verkoster! Ich freue mich auf Feedback und spannende Gespräche.

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