English | Deutsch

Von Gerstensaft und Gastlichkeit: Teil II

… Wie ich feststelle, habt ihr euch von breiigem Bier und sonstigen mittelalterlichen Experimenten nicht abschrecken lassen. Ihr habt offensichtlich noch nicht genug von den mittelalterlichen Bier- und Wirtshausgeschichten aus Regensburg. Dann will ich euch auch gar nicht weiter auf die Folter spannen. Lassen wir uns gleich überraschen, welche Geschichten über Bier und sonstige Genussmittel in Regensburg noch so kursieren und wen wir dabei vielleicht antreffen werden…

Es dauert kaum ein paar Minuten, da läuft uns zwischen Rathaus und Haidplatz doch tatsächlich ein Unikat aus der Zeit um 1900 in die Arme, gefolgt von einer sichtlich verärgerten Dame. Hier haben wir es mit dem „Mozartl“ zu tun, der früher vor allem für seine ausschweifenden Wirtshausbesuche und seinen exzessiven Bierkonsum vielerorts bekannt war. Er war damals sozusagen der Wirtshausstar schlechthin, wenngleich er mit seinem Namensvetter nur den Zopf und die Liebe zur Musik gemeinsam hatte (ein begnadeter Musiker war er selbst wohl nicht gerade). Dabei kam es schon das ein oder andere Mal vor, dass er die Kellnerin um ihre Zeche geprellt hat, was den Auftritt der weniger begeisterten Protagonistin erklärt.

Auf dem Weg zum Haidplatz berichtet uns Martin noch von einer weiteren schillernden Persönlichkeit aus vergangenen Zeiten, der „Krebshaut“: „Die Krebshaut – ein Herr mit krebsrotem Gesicht, bei dem schon sämtliche Äderchen im Gesicht geplatzt waren. Sein nahezu rekordverdächtiger Alkoholgenuss war mit Sicherheit hauptverantwortlich dafür. Man erzählt sich sich, nach fünf Mass sei er noch stocknüchtern gewesen, nach zehn ein guter Zuhörer und nach zwanzig ein wahrer Philosoph.“ Ob man das jetzt als beeindruckend oder erschreckend befindet, das sei an dieser Stelle jedem selbst überlassen. 🙂

Am Haidplatz angekommen erfahren wir, dass dieser zentrale Platz im Zentrum der Altstadt im Mittelalter Dreh- und Angelpunkt war, wenn es um’s Essen, Trinken, oder um Schlafmöglichkeiten ging. Aber halt! Hier tummelten sich nicht etwa die einfachen Bürger. Da ging es schon herrschaftlicher zu. Der bayerische Herzog war einer der wenigen Gäste, die regelmäßig im Goldenen Kreuz abstiegen. Dass der ein oder andere bei der Gelegenheit häufig zu tief ins Glas schaute, kann man sich fast denken. Und zu viel Bier machte eben auch der Prominenz zu schaffen. Da konnte es schon einmal passieren, dass so manch Adliger den Weg zurück nicht mehr selbstständig schaffte und vom Knecht in sein Bett gebracht werden musste…

Ein paar Gehminuten später sind wir in der Weingasse angekommen. Und in diesem Fall ist der Name Programm: Weingasse deshalb, weil über sie der Wein vom Weinstadel an der Donau zum Haidplatz transportiert wurde. Insgesamt spielte Regensburg im Bereich des edlen Rebensafts aber nicht die ganz große Rolle.

Vom Wein geht’s jetzt wieder zurück zum Bier – und damit in die Gasse am Römling. Dort klärt uns Martin über das Reinheitsgebot auf. Und dabei erfahren wir durchaus Neues. Neben dem Bayerischen Reinheitsgebot gab es nämlich ein eigenes Regensburger Reinheitsgebot. Und das existierte sogar schon ein paar Jahre früher als das bayerische. 1454 wurde das Gesetzt um’s Bierbrauen vom Stadtrat beschlossen. Von da an sollten lediglich Gerste, Wasser und Hopfen den Weg in den Braukessel finden. Damit wollte man bestimmte abenteuerliche Zutaten (Petersilie und Schnittlauch als Aromastoffe, Ochsenblut oder Kaminruß für die Farbe und die Tollkirsche als zusätzliches Rauschmittel sollten an dieser Stelle als Beispiele genügen) endgültig aus der Rezeptur verbannen und so eine seriöse – und ungefährliche – Brauweise schaffen.

Nachdem wir uns jetzt eine gute Stunde theoretisch mit Gerstensaft und Gastlichkeit in Regensburg beschäftigt haben, merke ich dann doch, dass ich bei diesen sommerlichen Temperaturen langsam durstig werde. Da kommt die Einladung von Martin auf ein Zwicklbier in der Traditionsgaststätte Gravenreuther genau richtig! Mit viel neuem Wissen im Gepäck lassen wir uns das Bier jetzt noch schmecken! Na dann, Prost! 🙂

 

Und wenn Sie jetzt auch mehr Geschichten über Wirtshäuser, Bier und sonstige Spirituosen aus Regensburg kennenlernen möchten, könnte ein Klick hier interessant sein. Es gibt aber natürlich noch viele weitere spannende Abenteuer bei der Stadtmaus. Für welche Führung Sie sich auch immer entscheiden, viel Spaß dabei!

Share on Pinterest
Kommentieren

Alle mit (*) markierten Felder sind Pflichtfelder und müssen ausgefüllt werden.