Stelldichein der Schweizer Bier-Fanatiker
Sich durch verschiedene Bierstile trinken und alles probieren? Hört sich für mich traumhaft an. 150 Bierstile zu erkennen, zu beschreiben und passende Essensvorschläge dazu machen? Puh – schon schwieriger. Genau dieser Herausforderung haben sich einige unserer schweizerischen Nachbarn jetzt gestellt.
Vergangene Woche fand in Bern die dritte Schweizer Meisterschaft der Bier-Sommeliers statt, bei der unter anderem Krones Hauptsponsor war. In welcher Rolle waren Sie, Herr Lienert, daran beteiligt?
Der Schweizer Brauerei-Verband (SBV) war als Schirmherr der Bier-Sommelier Ausbildung in der Schweiz Organisator des Events. In meiner Funktion als stellvertretender Direktor des SBV war ich Projektleiter der Schweizer Meisterschaft und schaute hinter aber auch vor den Kulissen, dass der Anlass reibungslos ablief.
Die Teilnehmer der Meisterschaft waren allesamt Bier-Sommeliers mit schweizerischer oder liechtensteinischer Staatsbürgerschaft. Wie viele Sommeliers haben teilgenommen? Und wie ist die Entwicklung zu den Vorjahren?
In diesem Jahr haben 40 Bier-Sommeliers aus der ganzen Schweiz teilgenommen. Bei der ersten Durchführung im Jahr 2015 waren es 23 Teilnehmer und 2017 33 Teilnehmer. Eine schöne Zunahme!
Der Weg zum Siegertreppchen führte durch mehrere Prüfungen. Können Sie den Ablauf und die Bestandteile der Veranstaltung kurz skizzieren?
In drei Vorrunden-Disziplinen mussten die Wettkämpfer ihre Fähigkeiten beweisen. Zuerst wurde das theoretische Bierwissen der Teilnehmer anhand eines schriftlichen Tests geprüft. Fragen zu den Merkmalen verschiedener Bierstile, der Geschichte des Biers, aber auch zum Brauwesen kamen in dieser Prüfung vor. In der zweiten Vorrunde drehte sich alles um die verschiedenen Aromen, welche in Bieren vorkommen können. Die Bier-Sommeliers mussten dabei biertypische Geschmäcker und Gerüche, aber auch Bierfehler erkennen. In der dritten Disziplin erhielten alle Wettkämpfer Proben verschiedener Biere und mussten diese dem richtigen Bierstil zuordnen – weltweit gibt es über 150 verschiedene Bierstile mit zahlreichen Abwandlungen und Unterformen, weshalb diese Aufgabe nicht zu unterschätzen war. Die zehn besten Bier-Sommeliers der Vorrunden konnten anschliessend ins Halbfinale vorrücken.
Spannend wurde es im Halbfinale der Meisterschaft bei der Bierpräsentation, der Paradedisziplin eines jeden Bier-Sommeliers. Die Teilnehmer mussten hier ihre Praxisfähigkeit und die Fachkenntnisse rund um das Bier richtig einsetzen. Dazu präsentierten sie der Jury und dem Publikum ein bekanntes Bier, inkl. korrektem Ausschank, Degustation und sensorischer Beschreibung, passender Essenskombinationen etc. Zwei Bier-Sommeliers traten jeweils direkt gegeneinander an. Die Expertenjury gab Bewertungen ab und derjenige der beiden Bier-Sommeliers mit der besseren Präsentation gewann und rückte ins Finale vor. Die fünf Finalisten erhielten je drei Biere zur Auswahl und konnten ihren Favoriten davon der Jury präsentieren. Nach der Bewertung durch die Jury und das Publikum stand Martin Droeser als Schweizermeister der Bier-Sommeliers 2018 fest.
Es werden also sehr verschiedene Kompetenzen abgefragt. Ganz kurz gesagt: Was macht für Sie einen guten Sommelier aus?
Ganz einfach gesagt: Ein guter Bier-Sommelier muss sich für das Produkt Bier begeistern und diese Begeisterung auf möglichst viele Menschen übertragen können.
Wie geht es für die Sieger der Meisterschaft nun weiter?
Die vier ersten Ränge der Schweizer Meisterschaft, Martin Droeser, Patrick Thomi, Lukas Porro und Gregor Völkening, bilden die Schweizer Nationalmannschaft der Bier-Sommeliers und werden uns an der WM im nächsten Jahr in Italien vertreten. Das bedeutet, dass nun einige Trainings für die Nationalmannschaft anstehen, da wir den Titel in die Schweiz holen wollen!
Neben diesen Trainings wird die Nationalmannschaft sicherlich auch viele Medienanfragen erhalten oder auch Anfragen für Degustationen, da nun die Bierbegeisterten der Schweiz an den Fähigkeiten dieser Bier-Sommeliers teilhaben wollen.
Zwar ist die Schweiz ja kein übermäßig großes Land, trotzdem ist sie Herkunft einer beachtlichen Auswahl an Bieren. Wie nehmen Sie die Entwicklung des Brau-Gewerbes in der Schweiz in den vergangenen Jahren wahr?
Es ist eine sehr spannende und rasante Entwicklung. Ab 2012 explodierte die Zahl der registrierten Brauereien in der Schweiz förmlich und beträgt heute 1.000 Braustätten. Man muss hier allerdings ehrlich gesagt etwas relativieren, da bereits Privatpersonen, die mehr als 400 Liter (Vereine: 800 Liter) Bier pro Jahr brauen, sich registrieren und Biersteuer zahlen müssen und somit als Brauerei gelten. Neben der gestiegenen Anzahl der Brauereien, nahm auch die Biervielfalt bei allen Schweizer Brauereien merklich zu. So wurden vermehrt Bierspezialitäten gebraut. Seit 2011 wird zudem das Intensivseminar „Der Schweizer Bier-Sommelier® – Bier entdecken, verkosten und erfolgreich verkaufen“ von GastroSuisse in enger Zusammenarbeit mit dem Schweizer Brauerei-Verband angeboten. All diese Punkte gingen mit einer erhöhten Wahrnehmung des Bieres als Genussprodukt einher, so sind in immer mehr Restaurants, Bars und im Detailhandel viele verschiedene Biere erhältlich und werden entsprechend erläutert und angepriesen. Diese Entwicklung führte dazu, dass Bier nicht nur als Durstlöscher, sondern immer mehr als Genussmittel wahrgenommen wird, das zu vielen verschiedenen Gelegenheiten passt.
Fotos: Eliane Beerhalter