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Mission erfüllt: ganzjährig frischer Grünhopfen

Manchmal muss man eben zehn Stunden bis nach Colorado fliegen um mitzukriegen, was es in den bayerischen Hopfenanbaugebieten für Innovationen gibt. Das habe ich gemerkt, als ich während der Craft Brewers Conference in einem Brauhaus in Denver auf einmal einen vertrauten Dialekt gehört habe und kurz darauf mit Martin Schmailzl an einem Tisch gesessen bin – einem Hopfenbauern aus der Nähe von Ingolstadt.

Das ist inzwischen schon einige Zeit her, aber was er mir damals erzählt hat, hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Martin verkauft seinen Hopfen nämlich nicht ausschließlich getrocknet, sondern als „WetHop“, den er in einem speziellen Verfahren haltbar macht. Jetzt habe ich die ruhige Ferienzeit genutzt und habe nochmal genauer nachgefragt.

Martin, in den meisten Fällen verwenden Brauer ja Hopfen in Form von Pellets. Welche Nachteile bringt das mit sich?

An sich ist an Pellets nichts auszusetzen. Der Brauer ist das Aroma gewöhnt und hat viel Erfahrung damit. Man kannte bis jetzt ja auch kein Verfahren, Hopfen haltbar zu machen außer ihn zu trocknen.

Pellets sind aber leider „gealterter“ Hopfen. Zur Trocknung ist viel Luft und Wärme nötig, um die Feuchtigkeit des Hopfens abzutransportieren. Dabei gehen die leicht flüchtigen Öle verloren. Das ist auch der Grund dafür, dass es zur Hopfenernte in der ganzen Hallertau so gut riecht.

Im Bild unten sieht man sehr gut, was mit Hopfen beim Trocknen passiert. Das linke Bild zeigt nämlich die gealterten Lupulin-Drüsen von getrocknetem Hopfen zwei Wochen nach der Trocknung – das rechte Bild zeigt zwei Jahre alten WetHop mit der noch ursprünglichen Feuchte bzw. Frische der Lupulin-Drüsen.

Und diese Frische kannst du mit deinem WetHop erhalten?

Mein WetHop enthält das ganze Aroma, welches im Hopfengarten heranwächst – denn wir vermahlen und verpacken den Hopfen ungetrocknet sofort nach der Pflückmaschine. Dabei „sperren“ wir das vielfältige Aroma ein und machen es dann erst haltbar. Gleichzeitig ist er durch das Vermahlen des Frischhopfens whirlpooltauglich. Somit unterscheidet sich WetHop erheblich von frischen Dolden, der Brauer muss keinen Hopfenseiher einsetzen. WetHop verhält sich ähnlich wie Pellets im Trub. Es ist auch keine so große Menge notwendig, weil WetHop „im eigenen Pflanzensaft“ schon vorgelöst ist, deshalb haben wir auch eine bessere Ausbeute.

Wann hast du angefangen in Richtung WetHop zu experimentieren und seit wann verkaufst du ihn?

Eric Toft von der Schönramer Brauerei holt bei uns schon immer Hopfen für sein Grünhopfen-Pils. Dabei ist 2013 die Idee (bzw. zuerst einmal der Wunsch) entstanden, Grünhopfen ganzjährig frisch vom Feld zur Verfügung zu stellen – mit all seinen Aromen, whirlpooltauglich und für die Allgemeinheit der Brauer.

Wir haben etwa fünf Jahre gebraucht um den Prozess zu standardisieren, um immer die gleiche Qualität garantieren zu können. Seit der Ernte 2018 vermarkten wir jetzt den WetHop.

Zu welchen Zeitpunkten des Brauprozesses kann ein Brauer mit WetHop arbeiten? Vorrangig in der Kalthopfung, also beim Hopfenstopfen?

Genau, ich empfehle WetHop zur Kalthopfung oder zu einem sehr späten Zeitpunkt (beim Ausschlagen). Ansonsten gehen beim Kochen die leicht flüchtigen Öle verloren. Wir haben aber schon alle Gaben damit gemacht und es kommen in jedem Fall sehr „runde“ und frische Biere heraus.

Wie einfach ist die Verwendung von WetHop für den Brauer? Erfordert der Einsatz eine große Umstellung bzw. aufwendige Berechnungen (z.B. bezüglich der notwendigen Menge)?

Die Verwendung ist für den Brauer sehr einfach, da er keine anderen technischen Anlagen benötigt, als bisher. WetHop verhält sich im Brauprozess wie Pellets. Bei der Berechnung der Menge mit Analysen ist die Ausbeute und Gabe im Sudhaus entscheidend. Im Kaltbereich können nach kurzen Tests sehr gute Ergebnisse erzielt werden. Als Faustregel geben wir an, beim Kalthopfen nur etwa 20% mehr an Gewicht zu verwenden als bei Pellets.

Ist es denkbar, beim Brauen eines Sudes mit einer Kombination aus WetHop und Pellets zu arbeiten?

Absolut! Für die ersten Gaben ist WetHop viel zu schade aufgrund der leicht flüchtigen Öle – eine Kombination kann also sehr sinnvoll sein.

Du hast verschiedene Hopfensorten in deinem WetHop Sortiment – spezialisierst du dich dabei auf Aromahopfen oder verkaufst du auch Bitterhopfen in seiner ungetrockneten Form?

Wir haben zehn Sorten im Angebot. Darunter auch die Bitterhopfensorten Herkules und Polaris. Damit kommen sehr schöne Grünhopfen Aromen ins Bier (wir haben mit Herkules schon single gehopft) und die Biere schmecken sehr mild und hopfig.

Aktuell hast du auch Trockenhopfen in deinem Sortiment. Hast du geplant in Zukunft beide Formen parallel zu verkaufen?

Vorerst schon, bis die Brauer den Vorteil von WetHop erkennen. Bei WetHop ist die CO2-Bilanz sehr viel besser als bei Trockenhopfen – das dürfte (neben den Aromen) zukünftig für alle Brauereien ein wichtiges Thema werden. Da die Technik zur Herstellung des WetHop nicht ganz einfach ist, sind wir noch auf dem Weg um konkurrenzfähig zu Trockenhopfen zu werden.

Übrigens: Um mit dem Experten direkt zu sprechen und noch mehr zu erfahren, muss man nicht zwingend nach Denver fliegen. Martin ist über seine Website zu erreichen und im Herbst auf der BrauBeviale in Nürnberg. Von 12.-14. November könnt ihr ihn in Halle 1, Stand 132-1 treffen und alle Fragen stellen, die jetzt noch nicht beantwortet sind.

 

Ein Blick auf das Dach während der klassischen Trocknung zeigt: Bei der normalen Hopfentrocknung verabschieden sich viele gute Aromen und Öle aus dem Hopfen und gehen verloren.

 

Fotos: Hopfen Kontor (Martin Schmailzl)

 

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