Kurz, aber intensiv: Bier pasteurisieren geht auch anders
Die Tradition gehört zum Brauen wie der Pumuckl zum Meister Eder. Trotzdem darf man sie an der einen oder anderen Stelle auch ruhig mal in Frage stellen. Roland Feilner und Thomas Oehmichen haben genau das getan – und dabei eine interessante Entdeckung gemacht.
Die meisten Biere werden nach dem Brauen pasteurisiert, also für kurze Zeit erhitzt. In erster Linie, um Mikroorganismen abzutöten und so die Haltbarkeit zu erhöhen. Bei Weißbieren und anderen naturtrüben Sorten dient die Pasteurisierung noch einem zweiten, mindestens ebenso wichtigen Zweck: der Denaturierung bestimmter Proteine, die die charakteristische Trübung des Biers positiv beeinflussen können. Da sich beim Erhitzen jedoch nicht nur die gewünschten Makro-Moleküle bilden, ist das Pasteurisieren auch immer eine Gratwanderung. Das gilt ganz besonders für Weißbiere, denn: Für das Herstellen der Trübungsstabilität braucht es höhere Temperaturen als für das reine Haltbarmachen.
Neues Verfahren, neue Technik
„Weißbiere sind deshalb fast immer überpasteurisiert“, erklärt Roland Feilner, Head of Components Processing Units. Um daran etwas zu ändern, hat er zusammen mit Thomas Oehmichen ein neues Pasteurisationsverfahren entwickelt. Bei diesem wird das Bier stärker erhitzt als bisher üblich, doch dafür muss es auch nur zehn Sekunden aushalten statt der traditionell üblichen dreißig. Das schlägt sich nicht nur im Namen nieder – das neue Verfahren wird als Express Pasteurisation bezeichnet –, sondern auch im Aufbau der dazugehörigen Anlage. So ist die Heißhaltestrecke im VarioFlash B um rund zwei Drittel kürzer, der Kurzzeiterhitzer als Ganzes also deutlich kompakter. „Dadurch muss die Unit vor dem Versand nicht mehr demontiert werden und ist beim Kunden sofort einsatzbereit“, erklärt Thomas Oehmichen. Auch im laufenden Betrieb macht sich die Verkleinerung positiv bemerkbar: allen voran durch einen geringeren Instandhaltungsaufwand, da die Kurzzeiterhitzung nicht mehr aufwändig über dem Pasteur montiert werden muss, was die Zugänglichkeit der Komponenten erschwert. Doch so attraktiv diese Kostenvorteile auch sind, Bierliebhaber und Brauer dürfte noch ein anderer Effekt der Express Pasteurisation hellhörig machen.
100-Meter-Sprint statt Marathon
„Beim Pasteurisieren ist es wichtig, dass die Teilchen im Bier möglichst gleich lange im Kurzzeiterhitzer verweilen“, erklärt Roland Feilner. „Andernfalls kann es vorkommen, dass das eine Teilchen zu lange erhitzt wird und Schaden erleidet, während das andere noch nicht vollständig behandelt wurde.“ Im Vergleich zum traditionellen 30-Sekunden-Verfahren ist bei der Express Pasteurisation die Differenz zwischen dem schnellsten und dem langsamsten Teilchen deutlich geringer. Auch hier liegt die Ursache in der kürzeren Heißhaltestrecke, wie Thomas Oehmichen erklärt: „Man kann sich das ähnlich wie bei einem Laufwettbewerb vorstellen: Je länger die Strecke, desto weiter zieht sich das Teilnehmerfeld auseinander. Bei einem Marathon ist die Differenz zwischen dem ersten und dem letzten Läufer viel größer als bei einem 100-Meter-Sprint.“ Auf die Pasteurisation angewendet, bedeutet dies: Die Biermoleküle werden gleichmäßiger behandelt, was wiederum die Qualität und Sicherheit des Endprodukts erhöht.
Zur Belohnung einen Award
Auch wenn er das Projekt initiiert hatte, die Idee dahinter möchte Roland Feilner nicht für sich beanspruchen: „In der Fachliteratur wird diese Methode schon relativ lange diskutiert – nur fehlte bisher der praktische Nachweis, dass es auch tatsächlich funktioniert.“ Um diese wissenschaftliche Lücke zu schließen, führten Feilner und Oehmichen eine umfangreiche Versuchsreihe bei der Brauerei Bischofshof in Regensburg durch. Rund ein halbes Jahr hat es gedauert, bis sie die optimale Zeit-Temperatur-Kombination gefunden und experimentell bestätigt hatten. Als Lohn für die Knobelarbeit gibt es auf der Fachmesse Anuga FoodTec im März einen der begehrten FoodTec Awards in Silber. Eine schöne Bestätigung, doch die beiden Entwickler freut die Auszeichnung noch aus einem anderen Grund: „Die Express Pasteurisation ist das beste Beispiel dafür, dass sich selbst Verfahren, die scheinbar seit Jahrzehnten in Stein gemeißelt sind, immer noch verbessern lassen“, sagt Feilner. „Und der FoodTec Award bestätigt unseren Kunden: Krones hat die Innovationskraft, um genau das zu tun.“