Kastanien und kaltes Bier
Freut ihr euch auch schon so auf den Sommer und die damit eröffnete Biergartensaison? Also ich kann’s kaum erwarten! Ich liebe diese (bayerische) Tradition, das Zusammensitzen mit Freunden und die Abkühlung durch ein gutes Bier! Apropos Abkühlung: Die hat früher so eine große Herausforderung dargestellt, dass König Ludwig I. das Brauen von untergärigen Bieren im Sommer sogar verboten hat. Es durfte nur in den Wintermonaten von Michaeli (29. September) bis Georgi (23. April) gebraut werden.
Der Grund dafür war die fehlende Möglichkeit, das Bier während des Brauprozesses auf vier bis acht Grad zu kühlen. Für untergäriges Bier, das schon immer sehr beliebt war, gilt nämlich ein striktes Kältegebot während des Reifens und Lagerns: steigt die Umgebungstemperatur auf über zehn Grad, verdirbt es. Aber es wäre ja noch schöner, wenn es die Brauer damals nicht geschafft hätten das Problem zu umgehen.
An Flusshängen wurden so bis zu zwölf Meter tiefe Höhlen gegraben und mit Natureis gefüllt. Kräftezehrend wurde es im Winter aus Flüssen und Seen geschlagen. Quasi nach dem Motto: „Mit Eis stopf‘ deine Keller voll, wenn dir das Bier gelingen soll!“. Was aber wenn es einen heißen Sommer gab und sich sogar der tiefe Keller aufheizte? Dafür wurden schattenspende Kastanien auf den Kellerhöhlen gepflanzt.
Kastanien. Kommt das jemandem bekannt vor? 😉 Der typische Biergarten war also geboren. Auch damals kamen die Leute dort schon zusammen und haben sich eine kühle Halbe schmecken lassen. Das Essen haben sie selber mitgebracht – so wie es auch heute in einigen Biergärten noch möglich ist.
Stimmten die Witterungsbedingungen im Winter aber nicht, stiegen die Preise des Eises unwahrscheinlich in die Höhe! Die damaligen 17 Münchner Brauereien verbrauchten nämlich unglaubliche 56.000 Tonnen Eis pro Jahr. Das war auf Dauer nicht tragbar, vor allem weil es immer wieder auch hygienische Probleme gegeben hat. Mit Eis gefüllte Behälter wurden in den Gärbottich gehängt, um die Flüssigkeit zu kühlen – dabei trat aber öfter mal das keimbelastete Eis aus und das Bier wurde schlecht.
Zum Glück gab es Carl Linde, der dem ganzen Theater ein Ende setzen wollte. Als Maschinenbauer interessiert er sich für die Erzeugung künstlicher Kälte und erfand die Linde-Kältemaschine. Große Brauereien nutzten die Chance und industrialisierten mit dieser Kompressionskältemaschine ihren Brauprozess – eine echte Revolution in der Braugeschichte.
Knapp sechs Tonnen schwer, 2,40 Meter hoch und 5,30 Meter breit ist das Urgestein. Unglaublich oder? Wer sich dafür genauso interessiert wie ich, der kann sie sich ab Juni 2019 in Regensburg im „Haus der Bayerischen Geschichte“ genauer anschauen. In fünf großen Einzelteilen wurde sie vor ein paar Wochen ins erste Obergeschoss auf die Bühne „Bayern industrialisiert mit Maß“ gehievt. Schaut doch mal vorbei und bestaunt die Maschine, der unsere Vorfahren es zu verdanken hatten, das ganze Jahr über ausgiebig mit Bier versorgt zu sein.
Foto: Haus der bayerischen Geschichte