Jrön ist die Hopfung
Frisch geerntet in der Hallertau, gemeinsam gebraut in Düsseldorf und erstmals verkostet in Regensburg. Schon bis zum ersten Schluck hat das „Collaboration Brew“ Jrön eine beachtliche Reise hinter sich. Und es klingt nicht nur spannend, es schmeckt auch so.
„Malzig, mit essrigem Aroma im Zusammenspiel mit einer feinen Hopfennote.“ Auf dieses Urteil wartete ich gemeinsam mit vielen anderen Bier-Liebhabern an einem Dienstagabend in dem rustikalen Kellergewölbe der Birretta Bar – und es fiel, während Bier-Sommelier, Kreativbrauer und Gründer sowie Chef der Kehrwieder Kreativbrauerei Oliver Wesseloh den ersten Schluck der obergärigen Grünhopfen-Sticke verkostete. Das „Jrön“ – ein Malzbier nach traditionellem Rezept – hatte quasi Premiere hier in Regensburg.
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„Jrön is dat, wat der Niederrheiner als grün bezeichnet.“ Vielleicht kommen Sie durch diesen Tipp dem Wortspiel aus der Headline schon ein wenig näher? Abgeleitet von „Grün ist die Hoffnung“ lautet der Slogan für das Gemeinschaftsbier der niederrheinischen Brauerei Uerige und der Hamburger Kehrwieder Kreativbrauerei: „Jrön ist die Hopfung“. Was genau es damit auf sich hat, lasse ich mir vom Brauer höchstpersönlich erklären:
Hallertau – Düsseldorf – Hamburg: Wie genau kam es zu diesem Projekt?
„Die Idee entstand vor zwei Jahren, als ich vom Focus gebeten wurde, klassische deutsche Bierstile zu bewerten. Dazu gehören Weizen, Pils und Helles – aber natürlich auch Altbier und Kölsch. Meiner Meinung nach ist Altbier das am meisten verkannte Bier in Deutschland. Und müsste ich ein Synonym für Altbier finden, wäre das Uerige. Die Brauerei aus Düsseldorf zählt für mich zu den wichtigsten deutschen Brauereien, die seit hundert Jahren ihrem ganz besonderen Bierstil und ihren traditionellen Rezepten treu bleiben. Der Uerige-Baas* Michael Schnitzler kontaktierte mich kurz darauf und es entstand die Idee, ein gemeinsames Bier zu brauen. Wir wussten zunächst nicht, in welche Richtung wir gehen sollten: Summer Ale oder Pale Ale? Das hätte nicht zu uns gepasst. Uerige ist Altbier. Das Problem war nur: Wir wollten etwas Neues kreieren, Uerige hatte aber schon einiges an Altbieren im Repertoire. Zum Glück erzählte ich nebenbei von Maxi Krieger von der Riedenburger Biobrauerei und unserem aktuellen Projekt, bei dem wir mit frischem Hopfen arbeiten. Da war die Idee für unsere „Grünhopfensticke“ geboren: eine verschärfte Variante des Düsseldorfer Altbiers trifft auf Frischdolden.“
* Baas ist ein aus dem Niederdeutschen stammender Begriff für Prinzipal und Meister.
Und was genau steckt nun hinter dem Claim „Jrön ist die Hopfung“?
„Jrön ist die niederdeutsche Variante von Grün. Dadurch, dass wir Frischdolden – also die grüne und frische Version des Hopfens – für den Brauvorgang verwenden und das Bier ein Produkt aus niederdeutschen Wurzeln war, lag der Name und auch der Slogan auf der Hand. Zusammen mit Michael Schnitzler fuhr ich also spontan in die Hallertau und erntete den Hersbrucker Spät. In einem Kühltransporter reiste der Hopfen direkt zurück nach Düsseldorf – und wir im VW-Bus hinterher. Um den Hopfen möglichst frisch zu verarbeiten, starteten wir gleich am nächsten Tag mit dem Brauen.“
Und das Ergebnis…
„… kann sich sehen lassen – und schmecken. Gerade bei den Grünhopfen-Bieren ist der Geschmack sehr stark abhängig von den Ernten. Das Ergebnis ist immer eine kleine Überraschung. Dieses Jahr ist es anders als im letzten Jahr: viel fruchtiger, viel komplexer.“
Apropos fruchtig: Zu welchem Gericht würdest du das „Jrön“ empfehlen?
„Da muss ich erst einmal überlegen – denn auch ich habe das Bier heute zum ersten Mal probiert. Klassisch und passend zu Grünhopfen-Bieren finde ich als Norddeutscher so etwas wie Grünkohl. Von der Saison her wäre auch Braunkohl denkbar. Es braucht ein Gericht, das einen eigenständigen Charakter hat, sonst ist das Bier zu dominant. Die malzigen Noten würden auch gut zu einer braunen Soße passen. Wild wäre denkbar. Altbier ist rustikal und aus klassischem deutschen Hopfen gebraut. Deshalb entscheide ich mich für Wildschweinrouladen – die finde ich thematisch und geschmacklich ideal.“
Du hast dir die Birretta-Bier-Bar in Regensburg ausgesucht, um dein Bier vorzustellen und selbst zu probieren. Wie kommt es dazu?
„Ganz einfach: Der Laden ist authentisch. Ich finde die Kombination aus dem Gewölbekeller, den traditionellen Brauutensilien und den moderneren Bieren sehr gelungen. Die Birretta Bar gehört für mich zu der oberen Top-Liga der Bierbars hier in Deutschland, was nicht nur an der tollen Bierauswahl liegt. Außerdem ist Regensburg offen für Neues: Es ist ein Dienstagabend und es ist voll hier. Der Erfolg des Birretta Shops und des Regensburger Craft-Beer-Festivals bestätigen mein Gefühl.“
Verrätst du uns zum Abschluss noch dein ganz persönliches Lieblingsbier?
„Das gibt es nicht. Es hängt sehr stark von der Situation ab, in der ich es trinke: Jahreszeit, Stimmung, Gesellschaft. Selbst von meinen eigenen Bieren trinke ich im Sommer eher unser India Pale Ale oder Gose, jetzt im Winter tendiere ich dagegen zum Baltic Porter. Sitze ich zu Hause mit meiner Frau, die wohlwissentlich einen Brauer geheiratet hat, vor dem Kamin, würde ich ein eher schweres, komplexes Bier wählen. Unterwegs mit Freunden eher etwas Leichteres. Zu den Allzweckwaffen, die immer wieder ein Erlebnis sind, zählt für mich unser Prototyp – ein kalt gehopftes Lager. Das geht immer, ohne jemals langweilig zu werden.“