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Ja, wer hat’s denn jetzt erfunden?

Kürzlich ist mir im Internet etwas fast Unglaubliches untergekommen. Da habe ich doch tatsächlich gelesen, dass das Weißbier nicht aus Bayern stammen soll. Wie nochmal? Ja, richtig das Kultsymbol der Bayern hat seinen Ursprung in einem anderen Teil Deutschlands, nämlich in Hamburg: Dort wurde bereits im 13. Jahrhundert das erste Weißbier eingebraut, während man in Süddeutschland noch vom Römischen Imperium geprägt war und anstatt Bier eher Wein in rauen Mengen verzehrt wurde.

Wie heißt es so schön – man lernt nie aus. Gleichzeitig frage ich mich dann aber, was ich von meinem Wissen über Bierstile überhaupt noch glauben kann. Deswegen habe ich mich mal auf eine Recherche zurück zu den Wurzeln einiger bekannter Bierstile begeben und vermeintlich offensichtliche Bierherkünfte hinterfragt. Kommt das Pils also aus Pilsen und was hat das IPA eigentlich mit Indien zu tun? Es folgt eine kleine Geschichtsstunde, nach der ihr bei der nächsten Bierprobe auf jeden Fall mit einigen Fun Facts glänzen könnt.

Kommt das Pils aus Pilsen?

Das erste Pils wurde tatsächlich in Pilsen gebraut. Allerdings von einem Deutschen. Im Jahr 1838 musste für die Pilsner nämlich endlich ein neuer Bierstil her. Vom dunklen obergärigen Bier hatten sie definitiv genug und es sollte auch hier ein Lagerbier, das sich in Bayern bereits durchgesetzt hatte, gebraut werden. Josef Groll aus Vilshofen in Niederbayern wurde ausgewählt, um sich an einem neuen Sud zu probieren. Aus einer mitgebrachten untergärigen Hefe, einem in England entwickelten hellen Gerstenmalz, dem Saatzer Hopfen und dem ungewöhnlich weichen Wasser Pilsens entstand dann das erste Pils, das am 11. November 1838 erstmals ausgeschenkt wurde und sich später zum weltweit beliebtesten Bierstil mauserte.

Kommt das Kölsch aus Köln?

Ja. Oder zumindest aus der Region. Das Kölsch entwickelte sich zunächst aus dem Keutebier, das vom Hochmittelalter bis in die Renaissance gebraut wurde, dann aus dem im 19. Jahrhundert häufig gebrauten Kölner Wieß (Kölner ‚Weiß‘). Auf dieser Basis wurde also kurz vor dem Ende des ersten Weltkriegs das Kölsch gebraut. Mittlerweile ist der Name europaweit örtlich geschützt. Damit dürfen nur Kölner Brauereien und einzelne im Umland liegende, die bereits vor der Einführung des Gesetzes Kölsch gebraut hatten, ihr Kölsch als ‚Kölsch‘ verkaufen. Hier wäre es also sogar verboten, wenn das Bier nicht aus Köln kommt – damit wäre die Frage dann also geklärt.

Kommt das IPA aus Indien?

Zugegeben: bevor ich durch Krones in die Craft Beer Szene hineingeraten bin, dachte ich ja immer, es hieße IndiaN Pale Ale. Dem ist aber nicht so, weil das ‚India‘ in India Pale Ale eben keine Herkunftsbezeichnung ist. Denn das erste IPA wurde vor rund 200 Jahren in Großbritannien gebraut und hat mit Indien eigentlich nur einer umstrittenen Legende nach etwas gemein. Der besagten Legende nach wurde dieses für die aktuelle Craft Beer Szene so prägende Bier nämlich gebraut, um zu den in Indien stationierten Soldaten geschifft zu werden. Deshalb auch der starke Hopfen- und Alkoholgehalt, der das Bier über die Reise hinweg haltbar machen sollte. Wie viel Wahrheitsgehalt diese Legende hat, bleibt allerdings fraglich – es könnte nämlich auch gut sein, dass den Briten das Gebräu einfach geschmeckt hat und es deshalb so beliebt wurde.

Kommt das Münchner Hell aus München?

Tatsächlich. Interessant ist aber auch hier ein Blick hinter die Kulissen: Im 19. Jahrhundert eroberte das Pils als helles, untergäriges Lager Europa, München war vorerst noch von Dunklem Bier geprägt. Aber natürlich wollten auch die Münchner – am Besten eben mit einem eigenen Bräu – auf den Trend der hellen Lagerbiere aufspringen. Und so braute die Münchner Spaten Brauerei am Ende des 19. Jahrhunderts das erste Helle. Es wäre zwar zu dem Zeitpunkt schon marktreif gewesen, um aber einen Flop zu vermeiden, wurde das Bier erstmal an die Hamburger zum Probieren geschickt. Denen hat’s geschmeckt und damit wurde der Trunk ein Jahr später auch in seiner Geburtsstätte ausgeschenkt.

Was lernen wir daraus? Münchner und Hamburger haben mehr gemeinsam als sie selbst vermutlich denken. Naja und vielleicht auch, dass es sich manchmal lohnt, vermeintlich offensichtliche Bier-Fakten zu hinterfragen. Das sind aber mit Sicherheit noch nicht alle – kennt ihr noch mehr? Dann schreibt sie gerne in die Kommentare!

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