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Bier-Kulinarik direkt aus München

Wohnen in München: Da denken die meisten vermutlich zuerst an unbezahlbaren und engen Wohnraum. Das trifft zwar oft zu, ist aber nicht zwingend ein Hindernis: Denn auch in einer kleinen Münchner WG-Küche kann so manche Spezialität entstehen. Um welche es sich hier wohl handeln wird? Ja, ihr werdet es vermutlich erahnen: Bier. Welcher Homebrewer in der WG-Küche wohl tätig ist? Da will ich euch nicht länger auf die Folter spannen und euch meine Bekannte Clarissa vorstellen. Schon seit ihrer Kindheit experimentiert die inzwischen 25-Jährige mit Kulinarischem. Seit 2012 hält sie ihre geglückten, veganen Kochexperimente mit Rezepten auf ihrem Blog ‚Paradiesfutter‘ fest, bietet mittlerweile Kochkurse und Workshops an und organisiert als Mitgründerin des Vereins ‚Tauschkomplott‘ Tauschmärkte – dabei immer im Fokus: Nachhaltigkeit und Regionalität. Ach ja, gleichzeitig arbeitet sie übrigens auch noch als Fernsehregisseurin und -autorin. Und eines ihrer vielen (nach eigenen Aussagen eines der aufwendigsten) Hobbies ist seit 2017: das Brauen. Und genau darüber habe ich mich mit der ausgebildeten Biersommelière letztens (natürlich virtuell 😉) unterhalten.

Wie und wann hast du mit dem Brauen angefangen? 

In München bin ich natürlich mit Bier aufgewachsen. In meiner Jugend gab es die gängigen Sorten, um die sich jeder gestritten hat. Mir war das damals eigentlich alles ziemlich egal. Wirklich angefangen, mich für Bier zu interessieren, habe ich eigentlich erst 2013. Bei einem Besuch einer Freundin in Birmingham bin ich in ein Brewdog Taphouse mitgegangen und da wurde mir dann ein Punk IPA hingestellt. Beim ersten Schluck habe ich mir gedacht: Das schmeckt gerade so, als würde ich in einen Pinienwald reinbeißen. Und ich war total fasziniert, dass das einfach nur der Hopfen ist, der da so einen intensiven Geschmack mit reinbringt. Als ich dann also gemerkt habe, dass es beim Bier noch viel mehr Geschmacksvielfalt gibt und wie man den Geschmack auch beeinflussen kann – das war der Moment, in dem ich angefangen habe, mich für Bier zu interessieren. Ich habe schon seit frühesten Kindheitstagen immer versucht, alles selbst zu machen – als Kind zum Beispiel Nudeln. Das Selbstmachen hat sich seitdem durch mein Leben gezogen und so habe ich nach einem eintägigen Braukurs in München dann 2017 das Brauen angefangen.

Was fasziniert dich am Brauen?

Der ganze Prozess: wieviel man da selbst beeinflussen kann und die Magie, die das entfaltet, wenn man den Sud zu Hause blubbern hat und man dann sieht, wie daraus ein fertiges Bier wird. Das finde ich wirklich sehr magisch. Außerdem ist es auch einfach cool, wenn man sein eigenes Bier trinken kann. Ein wichtiger Punkt ist für mich auch das Entwickeln und Brauen eigener Rezepte. Gerade in unserer durch das Reinheitsgebot beschränkten Region ist das, finde ich, eine coole Sache, weil wir ansonsten nicht ständig eine große Auswahl an kreativen Bieren vorfinden.

Mit welchen Zutaten braust du am liebsten?

Ich mag Weißbier sehr, gerne auch ein bisschen stärker in Richtung Weißbier-Bock. Ich habe sicher 20-25 Hopfensorten eingefroren zu Hause und probiere dann, welche guten Aromen man dadurch noch hinzufügen kann. Rauchmalz mag ich auch total gerne. Und ansonsten, was nicht-reinheitsgebotskonforme Zutaten anbelangt: Da habe ich drei Biere gebraut, die ich tatsächlich echt gut fand. Das eine war ein dunkler Weizenbock mit Ingwer, bei dem ich quasi im Gärfässchen noch rohen Ingwer dazugegeben habe. Das war dann ein bisschen ein Weihnachtsbier. Dann habe ich mal eher ein Frühlings- beziehungsweise Sommerbier gebraut, nämlich ein helles IPA, bei dem ich Jasmintee und Ingwer mit ins Gärfässchen gegeben habe. Was ich dieses Jahr auch nochmal machen möchte ist ein Holunder-Weißbier, bei dem durch frische Holunderblüten, die ich in Giesing pflücke, im Gärfässchen noch ein bisschen Aroma reinkommt. Das kam bei allen bisher gut an – bei mir und auch bei denen, die das schon probiert haben. (Übrigens auch bei mir 😉)

Welche Brauexperimente reizen dich noch?

Schwer zu sagen. Was mich auf jeden Fall vor allem interessiert, sind die Mischungen oder Zugaben von ganz verschiedenen Kräutern oder Gewürzen. Das ist natürlich endlos, was man da noch ausprobieren kann. Schön finde ich eigentlich die Idee, durch die verschiedenen Kombinationen immer eine kleine Erinnerung zu verpacken – so wie beim Holunderbier zum Beispiel ein kleines bisschen Frühling und Sommer.

Wie wurdest du Biersommelière?

Ich habe mich schon sehr lange für die Ausbildung interessiert, bis ich mich dann entschieden habe, sie trotz der Kosten endlich zu machen. Der Anreiz dazu war vor allem, tiefer in die Sensorik einzutauchen. Also zu lernen, wie man Bier schmeckt und die Einflüsse auf den Geschmack und das Erlebnis beurteilt. Meine Erwartungen an die Ausbildung wurden auf jeden Fall übertroffen. Ich habe noch viel mehr gelernt als nur das Schmecken, ganz abgesehen davon, dass ich so viele verschiedene Biere getrunken habe wie noch nie in meinem Leben. Was im Nachhinein tatsächlich das Beste an der Ausbildung war, waren die Menschen, die ich dort kennengelernt habe. Das war ein bunt zusammengewürfelter Kurs aus Brauern von kleinen oder großen Brauereien, aus Leuten, die für Brauereien arbeiten aber selbst keine Brauer sind, und eben solche, die wie ich Hobby-Brauer sind. Es war total spannend, das Thema aus so vielen unterschiedlichen Perspektiven und vor so verschiedenen Hintergründen zu beleuchten.

Foto: Lena Graef

Wenn du jetzt Bier trinkst – trinkst du das anders? Beziehungsweise kannst du die Biersommelière in dir auch mal ausschalten?

Ich führe mittlerweile tatsächlich eine Bierkartei, in der ich mir einiges zu Bieren, die ich besonders interessant finde, aufschreibe. Und auch was Fehlaromen angeht, bin ich jetzt sehr viel aufmerksamer. Ein Teil der Biersommelier-Ausbildung ist das Thema Schankanlagen. Vorher hatte ich wirklich keine Ahnung davon, dass es so eine komplexe Angelegenheit ist, das Bier auf korrekte Weise aus dem Zapfhahn auszuschenken – und dass das Bier durch den falschen Ausschank auch um einiges schlechter werden kann. Bei gezapftem Bier bin ich deshalb jetzt auch aufmerksamer. Aber ich würde trotzdem sagen, dass ich die meisten Feierabendbiere nicht so viel anders als vorher trinke. Und zu späterer Stunde ist die Biersommelière in mir dann auch nicht mehr so aktiv.

Wer übrigens noch mehr über die (bierigen) Experimente von Clarissa wissen will, kann auf ihrem Instagram-Account oder auf ihrem Blog vorbeischauen. In Clarissas WG-Küche entstehen außerdem noch weitere Spezialitäten, einige davon mit Bier, Bierrohstoffen oder Brauresten. Klingt spannend? Dann sehen wir uns nächste Woche wieder!

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