Bitte nicht wecken, ich pinne gerade!

05:00 Uhr – Mein Wecker klingelt. Mein Wecker ist mein Smartphone. Ich suche es auf dem Nachttisch, und ab diesem Moment passiert alles ganz automatisch. Wecker aus – Pinterest an. Ich scrolle mich durch die Pins, re-pinne, betrachte Pinnwände und like, während ich mich strecke, die Augen reibe und langsam in den Tag finde. Stop – Uhren-Check: Es ist 05:20 Uhr – wo ist die Zeit hin?

Es ist jeden Wochentag das gleiche Ritual – warum kann ich nicht einfach aufstehen? Bin ich süchtig? Nach Pinterest? Es ergibt eigentlich gar keinen Sinn für mich, dass ich mich groß bei Pinterest engagiere. Obwohl mir fast niemand folgt, nur 109 hartgesottene Follower, habe ich trotzdem über 1200 Pins abgesetzt. Was ist nur los mit mir?

Was los ist mit mir? Eine Erklärung fand ich bei einer Grafik von Leverage Media: Ich bin eine Frau! 68 Prozent aller Pinterest-Nutzer sind weiblich. Und Pinterest ist längst keine Randerscheinung mehr – inzwischen tummeln sich auf der Plattform immerhin über 70 Millionen User weltweit. Laut Netzökonom sollen aus 750 Millionen Pinnwänden bald noch viel mehr werden. Besonders Online-Shops nutzen Pinterest als Traffic-Quelle. Auf den Krones Pinnwänden merken wir, dass vor allem Craft-Brewer, Wein-Fans, Verpackungs-Experten und Recycling- bzw. DIY-Anhänger mit unseren Pins etwas anfangen können. Und während in den USA laut Netzökonom bereits jeder Fünfte gerne pinnt, sind die User in Deutschland etwas verhaltener.

InstagramDas will jedoch nichts heißen. Angefangen hat es auch bei mir schleichend. An meinem ersten Tag bei Krones habe ich einen kurzen Blick auf den Pinterest Kanal geworfen und mir gedacht: „Wer braucht das schon? Kein Mensch!“ – Vorsorglich habe ich mir einen eigenen Kanal angelegt – ein wenig auskennen schadet ja nicht – aber ich wollte keine engere Bindung zu Pinterest. Instagram, das war meine Liebe, da fand ich im Büro Inhalte von Krones-Fans und auch privat konnte ich dort Stunden verbringen – und das mit wesentlich mehr Feedback. Ich kann auf Instagram mein höchstspannendes Leben zeigen und das Essverhalten meiner Freunde verfolgen. Das sprach mich sofort an. Aber einen gesteigerten Mehrwert im Weiterpinnen von Links und Fotos auf Pinterest sah ich vorerst nicht.

Für Krones befüllte ich brav den Pinterest-Kanal, ohne dass der Funke übersprang. Über Monate. Dann kam ein einschneidendes Erlebnis: Ich wollte zum Friseur. Unsere damalige Werkstudentin Ines nahm sich eine ganze Brotzeit-Pause Zeit, mich ausgiebig frisurentechnisch zu beraten. Irgendwann fiel der entscheidende Satz: „Du, folg doch mal auf Pinterest meiner Frisuren-Pinnwand, da findest du was!“ Und es war wahr: Ich fand eine Frisur, ging zum Friseur, tippte auf den Pin auf meinem Smartphone und sagte: „Das da will ich haben!“ Ab diesem Moment war es um mich geschehen. Nicht nur, dass ich eine neue hervorragende Frisur gefunden hatte – nein, ich war auch für immer frei von Zeitungsschnipseln, Favoritenleisten, Lesezeichen und Merkzetteln. Ich konnte einfach alles, was ich niemals vergessen wollte, auf meine Pinterest-Pinnwände pinnen. Ich habe meine Hochzeit mit Pinterest geplant, richte mir schon mal mein Traumhaus auf Pinterest ein und überlege, welches Yoga-Asana ich als nächstes lernen will. Ich hab eine neue Jacke? Die Idee dazu hab ich sicherlich von Pinterest!

KronesMeine Pinterest-Liebe drücke ich allen auf’s Auge, die nicht schnell genug rennen können. Vor allem dem schutzlosen Krones-Kanal. Meine eigene Pinterest Sucht reicht mir nämlich nicht – ich mache alle um mich herum abhängig. Weibliche Praktikantinnen werden für Pinterest mit Vorsatz begeistert und befüllen vollkommen von Sinnen den Krones Kanal. Inzwischen folgen uns fast 2000 Menschen auf Pinterest und das ist erst der Anfang! Denn unsere Ziele sind groß: Wir wollen alle DIY Bastelideen für PET Flaschen finden, alle Homebrewing-Tipps und alle Besprechungen von Craft-Bieren. Und wir haben noch viel mehr Träume auf Pinterest: Wir wollen uns zum Beispiel unsere Traum-Brauerei zusammensuchen!

Und das ist es auch, was Pinterest ausmacht: Diese kleine Traum-Komponente, die ich an einem Tag voller Terminerinnerungen und Alltagserledigungen oft vernachlässige. Daher bin ich wohl auch morgens nach dem Aufstehen so anfällig dafür. Ich kann sanft vom Schlaf in den Tag hinübergleiten, wenn ich mir ein paar Zimmer meines Traumhauses zurechtpinne. Und dann gehe ich ins Büro und bastle fünf Minuten an meiner Traumbrauerei, an Recycling-Ideen und Wein-Tipps. Ich möchte dabei übrigens von der Realität nicht gestört werden, weil 25 Minuten Träumerei dürfen am Tag schon sein.

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