2020 – das etwas andere Jahr
Ich habe die Zeit zwischen den Jahren genutzt, um das vergangene Jahr noch einmal Revue passieren zu lassen. 2020 wird in die Geschichte eingehen, als ein Jahr wie wir es vorher noch nie erlebt haben – mit besonderen Herausforderungen, aber auch mit neuen Möglichkeiten und Chancen. Ich möchte euch mitnehmen auf meine Reise durch das letzte Jahr und meine persönlichen Erfahrungen, Stolpersteine aber auch Lichtblicke mit euch teilen.
Silvester 2019/2020 habe ich in Barcelona verbracht. Ich habe mich für die Silvesternacht in ein 20er Jahre Outfit geworfen und voller Vorfreude auf die Golden Twenties ins neue Jahr gefeiert. Dass das erste Jahr im neuen Jahrzehnt aber alles andere als golden werden würde, hatte ich allerdings nicht erwartet. Schon damals habe ich erste Berichte über ein neues Virus (COVID-19) gelesen, welches in China ausgebrochen ist. Ehrlich gesagt habe ich aber dem Ganzen nicht viel Bedeutung beigemessen. Zurück im Büro war es während der Mittagspause dann schon öfter ein Gesprächsthema – auch im Hinblick darauf, dass für Mitte Februar ein IT-Training für einen chinesischen Kollegen aus dem Standort Taicang bei uns in Neutraubling geplant war. Allerdings haben wir uns damals mehr Sorgen darum gemacht, ob der Kollege denn überhaupt noch von China nach Deutschland ausreisen darf, wenn sich das Virus dort weiter ausbreiten würde. Und dann kam Ende Januar plötzlich die Meldung von Webasto, dass es dort den ersten Fall einer Corona-Infektion in Deutschland gab. Eine Chinesin nahm an einem Seminar im Hauptsitz in Stockdorf teil. Sie war Trägerin des COVID-19 Virus und infizierte mehrere Mitarbeiter, die während ihres Aufenthalts Kontakt mit ihr hatten. Im Nachhinein betrachtet hätte genau dieses Szenario auch bei uns stattfinden können. Der Unternehmensleitung von Webasto zolle ich Respekt für das sofortige, konsequente und umsichtige Handeln in dieser Situation. Eine Werksschließung für 14 Tage zum damaligen Zeitpunkt zu verhängen war eine mutige, aber absolut richtige Entscheidung.
Der (Arbeits-)Alltag wandelt sich
Ab diesem Moment hatte das Virus meine Aufmerksamkeit. Die Zahl der Infizierten stieg stetig an und es wurde mehr und mehr klar, dass strikte Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ergriffen werden müssen. Was niemand für möglich gehalten hatte, stand plötzlich im Raum: ein kompletter Lockdown noch im März. Bei uns im Information Management liefen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Alle Mitarbeiter bei Krones waren aufgerufen, ihre Möglichkeiten, mobil zu arbeiten, zu prüfen, fehlendes Equipment zu bestellen und die Einwahl von Zuhause aus zu testen, so dass im Ernstfall alles einsatzbereit ist. Und dann war es so weit: am 19. März war ich das letzte Mal im Büro und für die nächsten Wochen nur noch im so genannten Homeoffice. Übrigens: rechtlich und offiziell arbeiten wir mobil, in meinem (und wohl den meisten Fällen) also von einem Arbeitsplatz zu Hause. Weil sich das im Sprachgebrauch einfach so eingebürgert hat, verwende ich deswegen manchmal das Wort Homeoffice – weil es das einfach gut beschreibt. Für mich lief die Umstellung reibungslos, da ich ja vorher schon öfter von Zuhause gearbeitet habe. Aber trotzdem war es ein anderes Gefühl, da wir jetzt (fast) alle im Homeoffice waren. Ein neues Gefühl der Zusammengehörigkeit. Auch wurden Veränderungen in der Arbeitsweise rasend schnell umgesetzt und akzeptiert. Zum Beispiel war es plötzlich ganz normal, über Microsoft Teams zu kommunizieren anstatt das Festnetztelefon zu nutzen (was auch funktioniert hätte). Aber über Teams war eine Präsenzanzeige möglich, wohingegen das “früher” so etablierte Online Telefonbuch keine Aussagefähigkeit mehr hatte, da dieses an die Stempeluhr gekoppelt ist und sehr viele nun eben mobil tätig waren. Wir haben in der digitalen Zusammenarbeit in kürzester Zeit einen großen Schritt nach vorne gemacht. Diese Entwicklung sehe ich als Gewinn in der Coronakrise an. Und es werden sich auch weiterhin Arbeitsweisen und Kollaborationsplattformen mit beachtlicher Geschwindigkeit weiterentwickeln.
Meiner Meinung nach ist auch der Umgang miteinander und damit die Zusammenarbeit verständnisvoller geworden. Man weiß einfach, dass der Kollege von Zuhause arbeitet und Kinder zu betreuen hat oder Homeschooling überwachen muss. Deswegen ist es kein Thema, wenn mal ein Kind ruft, der Hund bellt und deswegen vielleicht mal ein Anruf nicht entgegengenommen werden kann. Die Hauptsache ist doch, dass der Kollege mein Thema bearbeiten wird. Ob er das sofort macht oder etwas später, spielt in den meisten Fällen doch überhaupt keine Rolle. Dies ist auch eine wichtige Entwicklung in Richtung der Arbeitszeitgestaltung in der Zukunft.
Nach 17 Wochen zu 100 % im Homeoffice fühlte sich im Sommer der erste Tag im Büro sehr seltsam an. Zumal es nicht mehr das gewohnte Büro von früher war: Aufgrund der Abstandsregelungen darf in unserem Assistenzteam nur jeweils eine Assistentin anwesend sein. So verbrachte ich diesen Tag auf meinem Stockwerk ziemlich einsam. Auf dem Weg in die Kantine ist mir klar geworden, was ich im Homeoffice und in der neuen „Büronormalität“ vermisse: nämlich die zufälligen Begegnungen. Die Kollegen, die man im Treppenhaus auf dem Weg zur nächsten Besprechung trifft, die Kollegin aus HR, der man in der Kantine mal schnell zuwinkt, der Kollege aus dem Einkauf, den man im Café trifft und ihm sagt, dass man ihn nachher anruft, weil man seine Unterstützung braucht, oder ein unbekannter Kollege, dem man einfach ein Lächeln schenkt. Microsoft Teams ist eine wunderbare Kollaborationsplattform, aber die oben genannten Situationen finden dort nicht statt, da es keinen Raum für zufällige Begegnungen gibt. Und genau diese Momente vermisse ich.
Die ganze Arbeit von Zuhause – geht das?
Die darauffolgenden Wochen verbrachte ich mehrheitlich im Homeoffice und im Wechsel mit meinen Kolleginnen tageweise im Büro. Das krasse Gegenteil zu den Jahren vorher. Niemals hätte ich das so erwartet. Wenn ich meine Tätigkeiten betrachte, dann gibt es nur sehr wenige Punkte, bei denen ich im Homeoffice an Grenzen stoße. Ein Beispiel hierfür ist, wenn ich etwas unterschreiben muss. Wir nutzen aktuell noch keine Lösung für eine digitale Signatur. Da mein Notebook nicht „touchfähig“ ist und ich privat keinen Scanner-/Drucker habe, kann ich mir auch nicht anderweitig behelfen und muss mir solche Themen auf einen Bürotag legen. Aber das Thema ist adressiert und es wird in den nächsten Monaten hoffentlich eine Verbesserung geben.
Die Bearbeitung der Eingangspost ist ein weiterer Punkt, den ich nicht von Zuhause aus erledigen kann. Zum Glück setzen wir mittlerweile eine digitale Lösung für die Bearbeitung der Rechnungen ein. Dadurch entfällt schon mal ein großer Stapel Papier, den ich sonst immer durch die Gegend getragen habe. Allerdings bekommen wir immer noch sehr viel Werbung in Papierform, die nach dem Öffnen sofort in den Papierkorb wandert – das erfordert Präsenz im Büro, zählt für mich aber sowieso zu den nicht besonders wertschöpfenden Tätigkeiten in meinem Aufgabengebiet. Wirklich wichtige Post erhalten wir heutzutage nur noch sehr selten ausschließlich als Brief. Meistens ist die Info schon vorab per E-Mail eingegangen.
Als letztes Beispiel fallen mir noch die Belege für die Reisekostenabrechnung ein. Mein Chef war auch 2020 mehrmals in Ungarn, um dort bei dem Aufbau von unserem Werk in Debrecen zu unterstützen. Bei uns ist es nach wie vor erforderlich, die Originalbelege (Hotel, Restaurant, Taxi, Vignette etc.) einzureichen. Die Abrechnung kann ich jederzeit aus dem Homeoffice erstellen, jedoch muss ich danach die Belege ergänzen und an die Reisekostenstelle senden. Es gibt sie also (noch), die vereinzelten Tätigkeiten, die nur im Büro durchgeführt werden können.
Ein Blick in die Zukunft?
Apropos Reisebuchung: das ist etwas, was sich im Jahr 2020 extrem verändert hat. Die Reisen sind viel weniger geworden, gleichzeitig ist die Buchung aber viel zeitintensiver geworden, da sich durch die Pandemie ständig die Regeln für die Einreise in andere Länder – und auch für die Rückkehr nach Deutschland – ändern. Was früher mit ein paar Klicks erledigt war, benötigt nun im Vorfeld genaue Recherche welche Dokumente, Tests etc. notwendig sind. Dies wird allerdings wohl noch länger zu unserem Alltag gehören.
Momentan befinden wir uns im zweiten Lockdown – voraussichtlich bis Ende Januar. Mit Blick auf aktuelle Situation und Zukunft finde ich die Beschreibung der VUKA-Welt sehr zutreffend auf diese Zeit. Die Abkürzung VUKA steht für V = Volatilität, U = Ungewissheit, K = Komplexität und A = Ambiguität. Genau in diesem Spannungsfeld bewegen wir uns aktuell und es liegt an uns diese Herausforderung zu meistern – sowohl beruflich als auch privat. In diesem Zusammenhang möchte ich ein weiteres Schlagwort nennen, nämlich Resilienz. Resilienz bezeichnet die Widerstandsfähigkeit, mit Veränderungen umzugehen oder auch Phasen hoher Belastungen, sowie Krisen zu überstehen – um bestenfalls sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Und genau das wünsche ich mir: mit den gesammelten Erfahrungen gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
Bildquelle: Lolografie
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